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Wulfgars Zorn.

Nachdem sich Joachim mit den Männern entfernte steigt Wulfgar von seinem Pferd und geht eine Runde durch das Lager.

Überall lehnen Männer an den Bäumen des kleinen Wäldchens, leeren Trinkflaschen und verzehren die Wegzehrung. Hier und da wird über Blasen geflucht und über Sodatenwitze gelacht. Eine Gruppe von Norderforstern steckt schnell ein paar Karten in den Ärmel als Wulfgar vorbeikommt, doch konnte Wulfgar eindeutig das 7x7 Zeichen auf der Rückseite der Karten sehen. Wahrscheinlich die Norderforster Kriegsedition… Nach etwas weniger als eine halbe Stunde, die Männer bereiten sich gerade unter Gemurre vor um die letzte Etappe des Tages in Angriff zu nehmen, da ruft eine der Orkensteiner Wachen „Reiter im Anmarsch“. In vollem Galopp erreicht Answin das Lager, das Pferd steigt. „Herr Wulfgar, ein Wachturm 2 Meilen von hier. Joachim wird angegriffen.“

„MÄNNER ABMARSCH, Wappnet euch, es geht gegen Normont“. Und wie eine Welle durchläuft Veränderung das Lager. Veteranen werden plötzlich still und ihr Gesicht verhärtet. Junge Männer die den Krieg bislang nur aus Erzählungen kennen werden nervös, andere wenige rufen „Hurrah“. Griffe um das Heft der Schwerter und Äxte werden härter. Der Wind trägt ein Säuseln durch die Blätter „Die Sieben stehen mir bei“. Vorbei ist der Galgenhumor. Ernsthaftigkeit breitet sich aus.

Es ist Krieg.

Und es ist ein Gewaltmarsch. Oben auf einer Hügelkuppe angekommen ist in der Ebene eine kleine Siedlung mit Wachturm zu erkennen. Kampfeslärm dringt die verbliebenden 300 Meter über die Ebene.

Wulfgar wendet sein Pferd; „Männer, seht dort drüben. Mit diesem Ort beginnt die Siegeszug Yddlands in Normont. Durch eurer Schwert und euren Schild, wird dies in wenigen Augenblicken Grund und Boden Yddlands sein. Männer: Auf die Sieben … „

und wie in einem Chor brüllen aus fast 180 Kehlen

„Für Yddland

und stürmen in gerader Linie auf den Wachturm los. Wendel treibt seine Mannen an und bildet den Kern der Angreifer.

Mit den verbliebenden Reitern zieht Wulfgar einen weiten Bogen von den Fußtruppen weg, um das Feld hinter den Turm begutachten zu können. Beim Näherkommen erkennt er, dass ein Kampf entbrannt ist. Eine kleine Gruppe Yddländer versucht Angriffe von 2 Seiten abzuwehren. Aus dem Turme drängen mehrere Soldaten mit Stangenwaffen, von der Seite der Höfe drängt ein Mob von etwa 15 Bauern und Knechten mit Flegeln, Mistgabel und Axt auf die Yddländer ein. Auf dem Turme selber ist ein einzelner Bogenschütze zu sehen der mal um mal Pfeile auf die Yddländer herunter regnen lässt.

Wie eine schwarz-grüne Woge branden die Reihen der Yddländer um den Turm und mähen die überraschten Soldaten nieder. Fast gleichzeitig sirren die Armbrustbolzen an die Spitze des Turmes und treffen den Bogenschützen mehrfach an Hals und Kopf. Yddländer mit Axt und Schild dringen in den Turm ein, während die Welle der Kämpfer die sich eben noch in Bedrängnis befindlichen Yddländer einverleibt. Die Bauern und Knechte lassen in Angesicht dieser Überzahl die Waffen fallen und geben Ferstengeld. Doch Yddland ist nicht aufzuhalten.

Nach einigen Augenblicken ist der Spuk vorbei. Der Staub legt sich auf die Kämpfer, sowohl auf normonter Soldaten und Bauern, aber auch auf 7 Yddländer denen es nicht vergönnt gewesen ist lange genug auszuharren.

Erst jetzt erkennt Wulfgar Joachim der erschöpft, jedoch unverletzt mit Schild und Schwert aus der Menge heraustritt.

„Herr“ fängt er an während Wulfgar absteigt. „gut, dass ihr hier seid. Wir haben versucht die Türe zu halten, und das hat auch die erste halbe Stunde geklappt, aber dann wurde Erwin getroffen und dann waren noch die Bauern plötzlich da, und dann ...“

Wulfgar wendet sich an Joachim und dieser verstummt augenblicklich.

"WAS hast du an `nicht den Helden spielen`" nicht verstanden? Welcher Thor hat dich geritten einen Wachturm und eine Siedlung mit 20 Mann eigenständig einnehmen zu wollen und dabei deinen eigentlichen Auftrag: NIEMANDEN ENTKOMMEN ZU LASSEN völlig zu vernachlässigen?“ Wulfgars Blick verhärtet sich. Eine Spur von Traurigkeit ist zu erahnen und plötzlich schlägt ihm Wulfgar mit der Eisenfaust ins Gesicht. “Dir steht es nicht zu aus dieser Sache ohne Kratzer herauszukommen. 7 yddländische Streiter sind deinetwegen ums Leben gekommen und wahrscheinlich macht gerade irgendein Bursche, den man vor Stunden losgeschickt hat, Meter um Meter wett um unser Ankommen anzukündigen. GEH, nehme dein Pferd und hohl mir diese Burschen ein. ANSHAGEN!!“.

Anshag Holzbrenner hat sich das Schauspiel unbeteiligt aus der Nähe betrachtet und an seiner Armbrust spielte schaut nun mit ausdrucksloser Miene Wulfgar an. „Anshag , Herr, Anshag Holzbrenner“. „Sehr gut, du wirst Joachim begleiten. Ich zähle auf dich“. „Herr, ich kann nicht reiten“. Mit ruhigem Blick schaut Anshag Wulfgar aufmerksam an.

Wulfgar merkt, dass die gesamte Aufmerksamkeit der umstehenden Soldaten ist voll auf ihn gerichtet ist. Die Situation scheint zu kippen.

Wieder im Tunier. Ein heftiger Schlagaustausch. Der Zorn brennt durch die Glieder und da ergibt sich eine offensichtliche Gelegenheit. Zu offensichtlich – eine Finte die es zu erkennen galt. Der Schlag geht ins Leere, und für einen Moment steht Wulfgar ungeschützt vor seinem Gegner…

„Herr, wir haben einen.“ Der Ausruf bricht den Bann.

Gunnar und Leomar kommen gemeinsam mit zwei Alsaner Langbogenschützen heran und schleppen einen 16 jährigen blonden Halbwüchsigen heran dem ein Pfeil im Oberschenkel steckt. „Wollte sich mit einem Pferd aus dem Staub machen, der Kleine. Hat sich gewehrt wie ein Katze“ und stoßen ihn in den Dreck.

„Großartig Männer. Joachim, auf mit dir. Dies ist Krieg und dies hast du zu verstehen. Dein Wagemut zeigt mir, dass dir dies nicht bewusst genug ist. Nehme dein Schwert und töte diesen den du fast hättest entkommen lassen. Jetzt.“

Joachim zögert. Alle Blicke sind auf ihn gerichtet.

Wulfgar zu den Soldaten

„Bewegt euch! Sichert die Umgebung. Bringt alle verbleibenden Dorfbewohner auf die Mitte des Platzes. Das Vieh wird nicht angerührt, ansonsten könnt ihr euch persönlich bei Herrn Elias dafür rechtfertigen was mit seiner Versorgung passiert ist. Der Turm wird besetzt. Zu jedem Zeitpunkt sind mindestens 4 Bogenschützen auf dem Turm. Der Rest schlägt hier sein Lager auf. Und Finger weg von den Frauen.

Schickt einen Boten an Elias, dass er diese Route nimmt. Wendel, bestimme 15 Mann die bis zum Eintreffen des Haupt-Heeres die Stellung hier halten. Wir brechen im Morgengrauen auf“.

Mit diesen Worten wendet sich Wulfgar wieder an Joachim, der immernoch mit dem Schwert in der Hand und blutender Nase vor dem Halbwüchsigen steht. Dieser ist starr vor Angst und Schmerz auf den Boden gesackt.

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Joachim: Henker und Büßer

Rot troff es ihm vom Kinn. Der stählerne Schlag ins Gesicht hatte Joachim unvorbereitet getroffen - so hatte er Wulfgar noch nicht erlebt. Jede Güte und Freundlichkeit war einer Joachim ungekannten Härte gewichen.
Was seinen Befehl anging, so war genau das eingetreten wovor er sich gefürchtet hatte. `Wäge ab und entscheide` waren Wulfgars Worte gewesen. Das hatte er getan und noch zu Beginn gedacht die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
Wie falsch er doch gelegen hatte.

Jetzt steht er vor der versammelten Truppe. Öffentlich gedemütigt und verantwortlich gemacht für den Tod von guten Männern, von Kameraden.
Männer, deren Namen er noch nicht lange gekannt hatte.
Männer, die ihm gefolgt waren und ihm gehorcht hatten.
Niemand wird mir jetzt noch folgen wollen, denkt er. Am liebsten würde er unsichtbar, um nicht all die Blicke spüren zu müssen.
Doch sein Blick ist steinern und so fest er kann hält er den Blick gerade aus, den Kiefer zum Bersten gespannt. Immer weiter tropft ihm die rote Suppe vom Kinn.

Das ist nicht wahr!, möchte der Knappe seinem Herrn am liebsten sagen, doch klingt ihm ein Spruch seines verstorbenen Vaters in den Ohren. Dieser sagte stets "Joachim, wer sich verteidigt klagt sich an!".
Er würde seinen Rittervater nicht noch mehr beschämen und entehren indem er ihm öffentlich die Stirn bot.

Als Gunnar und Leomar mit den Bogenschützen und dem Jungen kommen keimt nur für den Bruchteil einer Sekunde ein anderer Gedanke in Joachim auf:
Wenigstens eine Entscheidung war von Erfolg gekrönt.
Doch dann kommt der nächste Schock.
"Joachim, auf mit dir. Dies ist Krieg und dies hast du zu verstehen. Dein Wagemut zeigt mir, dass dir dies nicht bewusst genug ist. Nehme dein Schwert und töte diesen den du fast hättest entkommen lassen. Jetzt.", hört er seinen Rittervater sagen.
Der Knappe begreift nicht gleich und starrt erst ungläubig und mit weit aufgerissenen Augen zum Jungen und dann zu Wulfgar.
Er sagte ich soll Flüchtige am Leben lassen, schießt es ihm durch den Kopf.
Er ist schon im Begriff zu einem `Herr` anzusetzen, als er immer noch diese unnachgiebige Härte im Gesicht seines Ritters sieht.
Das kann er nicht ernst meinen!

"Tue es!", befiehlt Wulfgar erneut mit lauter werdender Stimme.
Joachims Blick wird gläsern. Verkrampft fasst er den Griff seines Schwerthefts und hebt die Klinge.
"Gnade! Oh bitte tut das nicht! Nein!", schreit der Junge wie am Spieß.
Fast hysterisch kreischt er weiter. "Ihr sagtet ihr würdet uns Gnade schenken. Warum steht ihr nicht zu eurem Wort?"
Ein letzter Blick zu Wulfgar, der nach wie vor keine Miene verzieht.
Dabei erinnert sich Joachim an das Finale des Fußkampes auf der letzten Turney, als Ritter Elias seinen Gegner bereits besiegt hatte und dieser wehrlos am Boden lag. Er hätte es gut sein lassen. Doch der Markgraf wollte es anders. Und Elias hatte zu einem letzten Schlag ausgeholt.
"So fühlt sich das also an wenn man wirklich keine Wahl mehr hat", murmelt Joachim leise vor sich hin.
Dann schaut er zu den beiden Schützen.
Ohne jede Emotion sagt er "Beugt ihn vornüber und haltet ihn fest"
Das Gewimmer und Gekreische wollte nicht mehr aufhören.
Die Schützen gehorchten - warum auch immer sie dies noch taten - und der Knappe der nun Scharfrichter sein sollte stellte sich parallel zum Jungen auf.
Der eine Schütze raunt dem Jungen etwas zu, worauf dieser plötzlich aufhört zu zappeln. Stattdessen entsteht ein plötzlicher Fleck auf dessen Hose und breitet sich rasch aus.
Oh Riadugora, sei du die einzige Gnade die ich diesem armen Thor noch geben darf. Die, deren Tor zum Tode führt, Herrin Der Seelen, so ist Dein Name. Ein letztes Stoßgebet.
Dann hebt er seinen Anderthalbhänder hoch über den Kopf und lässt die Klinge mit aller Kraft auf den Hals des Jünglings herabfahren.
Der Kopf fällt ab und der nun leblose Körper sackt in sich zusammen.

Abwesend betrachtet er sein Schwert und das daran klebende Blut.
Dann wendet er sich Wulfgar zu, doch sagt kein Wort.
Joachims Gesicht bleibt weiter steinern, doch in seinen Augen liegt etwas das Wulfgar noch nie in den Augen seines Knappen gesehen hat:

Verachtung für ihn.

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Es ist Krieg: Hura! Wulfgars Plan.

Nasses Holz im Ofen erfüllt die Stube eines der Bauernhäuser mit Qualm und Feuerschein dringt vom Lagerfeuer durch das leinen-verhangene Fenster. Eine Puppe aus Stroh, mit zwei kleinen Haselnüssen als Augen, ohne Mund und Nase liegt zertreten in der Ecke des Raumes und starrt ohne Regung auf die weiß getünchte Wand mit den leergeräumten Regalen. Auf der Wand tanzen Schatten, geworfen von den Männern die draußen vor dem Lagerfeuer sitzen. Das Fass Wein, welches Wulfgar den Männern nach dem heutigen Siege und anlässlich der Totenfeier für die Gefallenen zugesprochen hat neigt sich dem Ende entgegen. Ein Becher Wein reicht heute bei den meisten Männern aus um nach dem zehrenden Marsch und der abfallenden Anspannung nach dem heutigen Kampf die Stimmung zu lösen.
Wulfgar erhebt sich von der Bank, auf der er bis gerade einen Zettel studierte, auf dem die letzten Informationen über Gelände und Besiedlung des nächsten Abschnittes zusammengefasst sind.

In etwa 3 Meilen flacht das Gelände ab. Vereinzelte Wäldchen auf Heide. Die Besiedelung nimmt zu. Einige Weiler mit mehr und mehr Ackerland. Wenig Deckung. Gerüchte über einen nahenden Krieg. Die Bevölkerung ist aufmerksam. Warnung: Vereinzelte Posten von Normonter Soldaten auf den Wegen."

Schwer beugt er sich über den rustikalen Tisch auf dem die Karte Normonts ausgebreitet ist. Wulfgars Amulett, ein gestickter Rüde im runden Amulett - ein Geschenk Carolinas, die er zur Zeit schmerzlich als pragmatische Späherin vermisst - welches er seit mehreren Jahren Tag und Nacht bei sich trägt, markiert die ungefähre Lage wo sich sein Trupp derzeit befindet. Etwa 2 Tagesmärsche entfernt steht eine Stumpenkerze die das Ziel markiert.
Im Stillen überdenkt Wulfgar sein Vorgehen mit den neu erhaltenen Informationen: Normont ist ein altes Land und die Rodungen müssen bereits seit Jahrhunderten im Gange sein. Gerade hier im Süden wo starker Wind weht, der Boden sandig ist und die Ebenen für Ziegen und Rinder genutzt werden, bleibt der Bewuchs klein. Ich hatte mit etwas mehr Deckung gehofft. Und wenn die Besiedlung erwartungsgemäß bis zu Feste zunimmt, wird Elias hier wenig Deckung finden. 2 Tagesmärsche für uns sind etwa 4 Tagesmärsche mit dem Belagerungsgerät. Jede Stunde, die die Festung für die Vorbereitungen gegen eine Belagerung hat um Vorräte, Mannen und Gerät die Burg schaffen, sind Tage die Elias benötigt um diese Einzunehmen. Wir brauchen die Überraschung. Wenn wir wochenlang Belagern müssen, fällt uns der Feind in den ungeschützten Rücken. - Wobei wie ich Elias kenne er mal und mal gegen die Mauern anrennen lässt wenn ihm dies zu lange dauert. Wir brauen eine Ablenkung.

Gerne hätte er Joachim bei der Besprechung dabei, aber dieser scheint sich zurückgezogen zu haben. "War ein harter Tag für ihn. Für uns alle".

Draußen kreischt eine Frau, ein Klatschen und dann verstummt der Schrei. Wulfgar seufzt, und greift nach seinem Schwert und Panzerhandschuh. Leomar stürzt hinein "Herr, ich glaube es ist soweit". "Danke dir Leomar. Es wird Zeit die Feier zu beenden".

Beide treten nach draußen und sehen noch einen wehenden Rockzipfel auf Augenhöhe in eines der Häuser verschwinden. Die Menge grölt, verstummt jedoch nachdem sie Wulfgar entdecken. Mit festen Schritten wendet sich der Ritter und sein erfahrenster Waffenknecht und Büttel der Hütte zu. Die Türe schwingt gerade zu, als Wulfgar diese mit einem harten Schlag wieder aufstößt.

Wulfgar sieht 3 Männer die eine Frau, sie mag wohl um die 30 sein, festhalten. Die um die Knöchel gefallene Hose eines der Dreien erledigt weiteres Nachfragen.
Wulfgar mit fester Stimme: "Erklärt euch!". Die offensichtliche Erektion des Einen verschwindet, die anderen beiden lassen die Frau los. Die Beine anwinkelnd, im schmutzigen Kleid mit Schürze, zieht diese sich schluchzend in eine Ecke des Raumes zurück. Zwei der Soldaten sind noch jung, der mit den heruntergelassenen Hosen scheint ein Veteran zu sein. Anders als die beiden anderen grinst dieser Wulfgar an und meint: "Herr, ihr habt`s doch heut’ Nachmittag selbst gesagt - Es ist nu Krieg!. Und da dachten mir..."
"Da dachtest du, du kannst meinen Befehl ignorieren?"
"Nein, Herr, ja Herr, aber Herr, ich mein, es ist Krieg und wer weisch ob und wann wir das näschte mal noch am Leben sin. Herr, wir wollen nichts böses und es hätt auch nich weh getan".
Erbost von so viel Unverschämtheit braust Wulfgar los "Du verdammt Hurenbock, du missachtest einen ausdrücklichen Befehl von mir ,die Finger von den Weibern zu lassen und versuchst mir die Worte im Mund zu drehen?".
"Nein Herr, ich dacht’ nur...", ein Blitzen in den Augen Wulfgars erscheint und der Mann bricht ab. "Es ist noch nicht mal ein Gericht hierfür notwendig. Alles was ich hier benötige sind drei Seile und den nächsten Baum. Leomar, geht und hohl die Wache".

Wulfgar macht eine Pause um die Worte wirken zu lassen. Einer der beiden Mithelfer sackt in sich zusammen.

"Leomar, warte. Mir fällt gerade etwas ein. Ihr habt es euren verstorbenen Waffenbrüdern zu verdanken dass ich Milde walten lasse. Meldet euch in 2 Stunden bei Joachim. Ihr meldet euch freiwillig bei ihm für eine Mission. Und höre ich von ihm, dass ihr seinen Befehlen nicht folgt, oder ihm anderweitig Scherereien bringt, dann winselt nicht um Gnade. Dann werde ich mich höchst selbst darum kümmern dass das letzte was ihr sehen werdet, mein Ausdruck von Gerechtigkeit sein wird. ABTRETEN."

Zu Leomar "Kümmere dich darum dass die Frau wieder in den Keller zu den anderen kommt und ersetzte die Wachmanschaft. Halte mir die 3 im Auge und schau zu dass sie sich erst in 2 Stunden bei Joachim melden. Und schicke ihn zu mir. Es ist dringend".

Das Lagerfeuer brennt nieder. Die Stimmung am Lagerfeuer ist längst nicht mehr so ausgelassen.

Joachim kommt nach etwa 10 Minuten zu Wulfgar in den Raum. Wulfgar stutzt. So hat er Joachim noch nie wahrgenommen. Tiefe Schatten haben sich in Joachims Gesicht geprägt. Das eine Auge ist geschwollen und die rechte Backe hat einige Striemen die sich selbst beim Kerzenlicht deutlich von dem ankündigen Sonnebrant abheben. Steif, und ohne jene Leichtigkeit die er noch vor einigen Stunden in sich getragen hat steht er da, im vollen Kettenhemd mit Arm und Beinzeug. Selbst noch zu dieser späten Stunde.
Mein guter Knappe Joachim, wie ich den heutigen Nachmittag bedauere und wie viel Stärke du gezeigt hast. Dieser Krieg wird mehr von dir verlangen als von jedem einzelnen dieser Männer die mit uns sind. Ich bete zu den Ahnen dass du an diesem Kriege nicht zerbrichst, sondern erstarkst, Respekt erlangst und als gefeierter Held nach Yddland zurückkehren wirst.

"Danke Joachim, dass du so schnell zu mir gekommen bist." begrüßt Wulfgar und reicht ihm einen Becher mit Bier. Als Joachim sich nicht sofort rührt setzt Wulfgar fort:
"Joachim. Ich kann den Groll in dir verstehen. Ich habe heute von dir viel abverlangt. Und die Aufgabe über die ich mit dir sprechen möchte, ist nicht einfach. Joachim, wir sind jetzt an einem entscheidenden Punkt und ich benötige jemanden wie dich um eine äußerst schwierige und riskante Aufgabe zu erfüllen. Höre mir zu:
Das was ich dir sagen werde ist der Sinn unserer Mission und die Rolle die wir darin spielen. Dies ist weder für unsere Soldaten, und insbesondere nicht für die Ohren unseres Feindes gedacht. Ich ziehe dich ins Vertrauen da du mein Knappe bist, und ich deine Erfahrung und Schläue benötige. Mein Vertrauen in dich hat sich heute nochmals durch dein Handeln bekräftigt. Nicht wegen des Vorfalls heute Nachmittag, sondern wie du die Konsequenzen ohne ein Leid zu Klagen ertragen hast.
Die kommenden Tage werden entscheidend für den Kriegszug sein, wenn nicht sogar für den gesamten Krieg. Das Gelände welches nun vor uns liegt bietet uns und insbesondere Ser Elias mit dem yddländischen Heer wenig Schutz. Wir befinden uns noch etwas weniger als zwei Tagesreisen von unserem Ziel entfernt, eine strategisch wichtige normontische Feste die Ser Balduin unter allen Umständen für Yddland gewinnen und halten will.
Von dort aus sind es weitere 3 Tagesreisen bis zum Herzen Normonts in der wir die Hauptstreitkräfte unseres Feines vermuten.
Gelangt auch nur die kleinste Kunde über diesen Kriegszug dorthin, wird Ser Elias für eine Belagerung nicht die benötigte Zeit, und beim Aufrücken der Normonter in seinem Rücken nicht die Mannkraft haben, die Belagerung mit einer Front im Rücken aufrechtzuhalten. Unsere Aufgabe ist es dem Hauptheer den Weg zu ebnen und ihm den Rücken solange freizuhalten, wie es die Belagerung erfordert.
Mein ursprünglicher Plan war es die Festung im Süden zu Umlaufen um Versorgungen und Informationen auf der Verbindung zwischen der Feste und dem Herzen des normontischen Reiches zu unterbrechen. Die Kunde der Späher über die meilenweite Einsicht des Hinterlandes erfordern jedoch ein Handeln und eine List. Es gilt den Feind mit einer Finte in die Irre zu führen und die einzunehmende Feste zu schwächen.
Hierfür möchte ich, dass du dir 7 Männer nimmst, die dein Vertrauen genießen, 3 weitere werden sich bei dir freiwillig melden. Nehme erbeutete normontische Waffen, Zeichen, Waffenröcke und Ausrüstung aus dem Turm und stelle eine leichte Gruppe berittener normontischer Kundschaftler dar. Sorge darum, dass mindestens 2 unsere Späher dabei sind die sich mit den Gepflogenheiten des Landes auskennen. Ich möchte dass von euch den normontischen Höfen die Kunde ereilt, dass Yddland vom Nord-Osten her angreift. Vermeide militärische Stellungen denn diese werden Siegel und Befehle verlangen. Streue die Gerüchte bei den Bauern und Gasthäusern. Verteile Anschläge über das Anrücken des Feindes aus dem Nord-Osten wo es möglich ist.
Dies allein wird die Aufmerksamkeit unseres Feindes nicht gänzlich auf den Norden richten, so lass dir gesagt sein, dass Ser Ottokar ein Kommando im Norden führt. Dies wird für einige Ablenkung sorgen.
Ich werde mit etwas mehr als einhundert Mann mit etwa einem halben Tage Verzögerung aufbrechen, einen Bogen nach Osten schlagen und deinen Gerüchten Taten folgen lassen. Dies wird die Normonter dazu zwingen Truppen in den Norden zu entsenden um diesen Gerüchten nachzugehen welches Sie im besten Falle schwächt.
Zur gleichen Zeit wird Ser Elias mit der Hauptstreitkraft im Süden durch die Ebenen ziehen und die Belagerung aufbauen. Kehre nach spätestens 3 Tagen oder bei zu großer Gefahr zurück. Halte dich südwärts und versuche zu uns aufzuschließen. Sollten wir uns verpassen, so eile zurück zu diesem Ort und warte auf Ser Elias. Ich werde einen Weg suchen wie ich die Feste nordwärts umlaufen kann um wie geplant die Verbindung zu den Herzlanden zu unterbrechen. Die ganze Zeit hinweg werden 40 Mann diesen Turm hier halten. Leomar werde ich hiermit beauftragen."

Als Wulfgar endet schaut er Joachim in die Augen, unsicher was er darin sieht.

"Joachim, dies ist deine Möglichkeit dich Yddland als wahrhaftigen Kriegsheld du beweisen. Ich kenne deine Schläue und deinen Erfolg bei dem Auftrag die Botanisten zu unterlaufen, und ich weiß auch, dass beim letzten Knappenmessen der Schauspieler trotz dem zusätzlichen Gewicht von Münzen recht schnell bei dir aufgesprungen ist und im Gegensatz zu Kunwulf noch alle Beine bei sich hatte. Joachim, du vereinst Geradlinigkeit und Einfallsreichtum. Ich kann mich auf dich verlassen, dass du das Richtige Maß an Gnade und Härte für diese Mission findest. Nicht nur heute musste ich wieder erfahren wie wertvoll dies ist und wie sehr sich Soldaten mit diesen Werten schwer tun. Joachim, vor allem zuerst bitte ich dich als dein Rittervater diese Aufgabe wahrzunehmen. Anderenfalls wird es der Befehl Yddlands sein der dich ereilt auf dass du diese Aufgabe erfüllen wirst.

In beiden Fällen wünsche ich dir jeden erdenklichen Beistand, auf dass du Erfolg bei dieser Mission hast."

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Wulfgar vor dem Ziel.

“So ritten Sie über die Ebenen und verbreiteten Furcht und Schrecken. Schwarz und Grün waren ihre Farben und sie trugen den Tot. Weiler um Weiler fiel unter den nietenbeschlagenen Stiefeln der einmarschierenden Horden, flankiert von Männern wie Orken und das Surren von Armbrüsten begleitete ihr Gebrüll um die sieben Götzen. An den ersten Tagen des Krieges gewann Normont nur Witwen und Waisen, denn brave Männer die trotz Kriegswirren die Saat aussäten und das Land bestellten wurden erbarmungslos niedergestreckt. Stille kehrt dort ein wo Leben war und nur Wehklagen durchbricht diese. Und so erfüllt Yddland sein Versprechen welches Tassilo den braven normontischen Männer und Frauen gab, als er ihnen den Krieg erklärte. Doch ist dies nur der Anfang...”

So oder so ähnlich werden die beiden letzten Tage im Gedächtnis der Normonter verbleiben und Wulfgar ist wahrlich nicht stolz darauf. Von den rund 100 Männern mit denen er aufgebrochen war lebten noch rund 60 Mann. Joachim hat gute Arbeit geleistet und Furcht gesät. Zwar lagen dadurch die Waffen bei den Normonter, die noch nicht die Flucht ergriffen hatten, griffbereit, jedoch waren es wenige die nicht von ihren Höfen hatten weichen wollen. Viele der Hütten und Katen lagen verlassen da und in den Wäldern rings umher konnte man kaum laufen, ohne über ein Lager der Flüchtlinge zu stolpern. Und so ernteten sie was Joachim säte und folgten seiner Spur.

Der Plan schien aufgegangen zu sein. Nach einem Gewaltmarsch in den Norden hielten Sie sich gen Westen und brachten Verwüstung. Wulfgar achtete darauf das den Männern wenig Zeit zum Plündern blieb und trieb sie voran. Jeder Kampf, jedes Scharmützel siebte all jene aus, die zu weich waren und so bildete sich ein Kern von Männern die ein um das andere Male Männer niederstreckten, Weiler in Brand setzten und das Vieh schlachteten. Die Männer stumpften ab, wurden grausam und überboten sich mit Kampfeseifer. Mit Grausamkeiten versuchten Sie die Angst niederzuringen die Nachts einzog, leise an das Bewusstsein klopfte und flüsterte, was wäre wenn dies hier Yddland wäre und sie auf der anderen Seite des Schwertes ständen. Wenn sie in diese kalten Augen starrten während der Hof brennt und man nur auf Gnade hoffen konnte die hier nicht zu finden war. Wulfgar schritt ein um das andere Male ein um Gräueltaten zu vermeiden, aber auch er stumpfte ab und ließ geschehen, wofür er am Anfang des Krieges jemanden hätte hängen lassen. Ein paar Male stießen Sie auf Entsatztruppen, und dies waren die heftigsten und blutigsten Kämpfe gewesen. Aber sie waren bisher immer in der Überzahl geblieben und konnten den Vorteil der Überraschung ausnutzen. “Wenn mein Plan aufgeht, werden wir in der näheren Zukunft nicht mehr soviel Glück haben”. Und nach 2 Tagen veranlasste Wulfgar eine Pause in der die Männer wieder zu sich kommen sollten. Er ließ sie sich um ihre verbliebene Ausrüstung kümmern und erteilte den Befehl die Kräfte zu schonen und dass es jetzt Zeit ist zum eigentlichen Ziel der Unternehmung vorzudringen. Die Gruppe wurde zu je 30 Mann aufgeteilt, und so marschierten Sie gen Süden, hielten sich in den einzelnen Wäldern auf und hielten sich von den Straßen fern.

Nur langsam kamen sie voran. Joachim war noch nicht zurück zur Gruppe gestoßen und Wulfgar machte sich langsam Sorgen.

Nach 2 Tagen Dornen, Gestrüpp, Murren und hastigem Marschieren im Regen sahen sie zum ersten mal ihr Ziel. Die Feste war auf einem Felsen gebaut, der wie ein Brecher mit seinem 200 x 150 Schritt großen Plateau im weiten grünen Meer lag. An 2 Seiten war etwa 4 Schritt hohes nacktes Felsgestein zu sehen. Die anderen beiden Seiten fielen sanft ab. Grau und wie ein einzelner Zahn ragte der Burgfried etwa 15 Schritt hoch auf. Von kleinen Erkern mit roten Schindeln hingen die normontischen Banner herab, ließen aber die Schießscharte frei. Auf den Zinnen brannte ein Wachfeuer. Eingefrieded lag der Bergfried hinter einem 4 Schritt hohen Steinwall mit Wehrgang und Holzbauten, unterbrochen von einem massiven Tor von 3 Schritt Breite mit Mannstor. Davor, in Richtung der sich anschmiegenden Stadt, erstreckt sich die Vorburg die aus Stallungen und weiteren Mannschaftsunterkünften bestand und aus Fachwerk mit den gleichen roten Schindeln gebaut war. Zwischen diesen Gebäuden befand sich jeweils eine mannshohe Mauer, jedoch ohne Wehrgang oder Zinnen. Diese Anlagen waren erheblich neuer als der graue verwitterte Stein der Hauptburg.

Die kleine Stadt, etwas größer als Lützchensgrad wurde von dem Marktplatz beherrscht auf dem rege Betriebsamkeit herrschte. Kein Anzeichen von aufmarschierenden Truppen.

“Gerade noch rechtzeitig”, denkt sich Wulfgar und wendet sich seinen Truppen zu. “Männer wir ziehen uns in einen nahen Wald zurück und warten auf das Eintreffen von Elias. Ihr habt Großes geleistet und groß soll euer Ruhm sein. Aber jetzt heißt es Ruhe bewahren und Warten.”

Wulfgar wirft noch einen letzten Blick auf die Burg. “Hoffentlich kommt Elias bald. Ich weiß nicht wie lange ich die Männer hier ruhig halten kann”.

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Unterwegs in den falschen Farben.

Mittlerweile hatte die Wut nachgelassen. Ein Gefühl wie schwelendes Feuer brannte in ihm und wurde zunehmend von Taubheit ersetzt. Sein Auge pochte dumpf und seine Wange war blutig verkrustet.
Als Wulfgar ihn zu sich gerufen hatte war er diesem Ruf nur ungern gefolgt. Doch letztlich war ein Knappe eben ein Knappe und hatte seinem Herrn zu gehorchen. "Carolina hat so Recht mit meinem Ahnentier", dachte er bei sich und erinnerte sich an das treue und störrische Tier das seine Attribute mit Joachim teilte.
So treu wie er dem Rufe seines Rittervaters gefolgt war, so störrisch und stur hatte er vor diesem gestanden und sich nicht gesetzt; sein Groll saß einfach noch zu tief.

Der Knappe hatte sich die Ausführungen Wulfgars angehört und ging in Gedanken schon seine nächsten Schritte durch. Doch dann hatte er begonnen seinen Herrn zu mustern und hatte erkennen müssen, dass dieser Tag auch an Wulfgar schwer genagt hatte.
Stur wie ein Esel, war es ihm wieder in den Sinn gekommen. So leicht hatte er ihm nicht verzeihen wollen.

"Wie Ihr befehlt, Herr"
Dieser Satz war die einzige Strafe gewesen, die er, ein einfacher Knappe, seinem Herrn hatte zuteilen können. Und wie er hatte sehen können, war dieser Satz für Wulfgar wie ein Schlag ins Gesicht gewesen.

Danach hatte sich Joachim zurückgezogen und seine Leute zusammengesucht; unter anderem auch zwei von der Truppe die mit ihm am Turm gewesen waren.
Das Feuer in ihm hatte wieder zugenommen und die Wut war wieder da - doch diesmal auf sich selbst.
Ein Gutes hatte es gehabt: Er brauchte nicht viele Worte und Erklärungen als er seine Leute zusammensuchte, denn seine Blicke und Tonlage reichten völlig aus.
Selbst die drei "Freiwilligen" hatten nur kurz versucht einen frivolen Scherz zu machen, verstummten aber sofort als Joachim sie ansah, das Kettenhemd und den Wappenrock hier und da mit Blut besudelt, die linke Hand fest auf seinem Schwertknauf. Sie mussten alle zugesehen haben wie er damit den Jüngling enthauptet hatte.

Danach war alles sehr rasch gegangen. Er hatte befohlen, dass normontische Wappenröcke, sowie Pferde und Proviant in ausreichender Menge zum Aufbruch bereit stehen würden. Er selbst hatte in der Zwischenzeit einige Anschläge schreiben müssen. Und dann ging es los.

Die anderen Soldaten hatten vermutlich gedacht, dass er sich schwer tun würde andere als die Farben seines Ritters zu tragen. Doch weit gefehlt. Joachim hatte nicht das geringste Problem gehabt die Farben abzulegen. Schließlich hatte er das bereits öfter tun müssen - und im Moment kam noch der Zwist mit seinem Rittervater hinzu. Doch nachdem sie bereits mehrere Höfe erreicht und die Kunde von den mordenden Yddländern im Norden verbreitet hatten, hatten Joachim erste Zweifel beschlichen, dass er und Wulfgar sich noch einmal sehen würden.

Die ersten zwei Tage vergingen recht zügig und ohne Probleme. Die Bevölkerung hatte blindes Vertrauen in die schwarz-roten Wappenröcke und danke den Boten oft überschwänglich für die rasche Kunde. Doch am dritten Tag kündigten sich Problem an. Wulfgar hatte offenbar seine Arbeit mehr als gut erledigt und immer mehr normontische Truppen waren scheinbar zusammengezogen worden.
Bald mussten auch die "normonter Boten" sich auf dünn bevölkerten Wegen und Pfaden ihren Weg bahnen, damit sie von echten Truppen nicht eingeteilt und bei Flucht als Deserteure verfolgt würden.
Eine ungeplante Kampfhandlung hatte Joachim unbedingt vermeiden wollen.

So kam die Gruppe auf großem Umweg, über den gleichen Weg den auch Elias kam, in den frühen Morgenstunden vor dem Angriff an der Festung an.
Die feindlichen Farben hatten sie längst wieder abgelegt und kamen geradewegs auf das Hauptheer zu geprescht.
Aufgrund der schieren Größe des Heeres wusste Joachim, dass es sich um Elias und seine Leute handeln musste und lies sich von den Leuten den Weg zu den Befehlshabern zeigen.

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Kilian - 
Sieg über die Bestie

Kilian hatte die Schlacht vom Standort der Reserve aus mit wachsender Nervosität beobachtet. Anfangs, als es noch Dunkel war, war nur der dumpfe Schlachtlärm zu hören. Doch als die Sonne aufgegangen war breitete sich der Schrecken des Krieges auch vor seinen Augen aus. Die Männer der Reserve verhielten sich ruhig, auch wenn sie bei jedem Treffer der faulen Magd in die Hände klatschten und ihrer Freude Ausdruck verliehen. Kilian kaute nervös auf der Unterlippe herum und blickte immer mal wieder zu Hauptmann Moron hin, der mit stoischer Miene das Geschehen verfolgte. "Das dauert zu lange..." Murmelte Moron und kurze Zeit später rutschte Kilians Herz in die Hose, als Hörner das Normontische Entsatzheer ankündigten.

Die Männer der Reserve sahen mit Entsetzen, wie sich das Heer auf die Stadt zu bewegte und Kilian wusste, dass die Schlacht nicht mehr zu gewinnen war. "Hauptmann, wir müssen eingreifen, ansonsten ist unser Heer verloren." Rief Kilian diesem zu, der drehte den Kopf zu Kilian. Kilian sah ihm an den Augen an, dass der Mann zweifelte und dass er über den Rückzug nachdachte. "Hauptmann!" Rief Kilian nochmals, als Moron nicht reagierte. "Halt den Mund, Grünschnabel! Wir haben unsere Befehle! Erst wenn das Signal..." Der Ruf einiger nahstehender Soldaten unterbrach ihren Hauptmann. "Dort seht! Das Signal! Die gelbe Flagge." Alle Augen richteten sich auf die Gestalt, die auf der Stadtmauer stand und wild mit einem gelben Fetzen winkte. Kilian konnte aufgrund der Entfernung die Person nicht genau erkennen. Der Hauptmann wirkte nun entschlossener, so als wurde ihm eine schwere Entscheidung abgenommen. "Also gut. Männer! Zeigen wir den normontischen Bastarden, was es heißt gegen Yddland Krieg zu führen. Keine Gnade, keine Gefangenen. Betet zu den Sieben, denn das könnte Eure letzte Schlacht sein! FÜR Yddland!" Die Reiterei der Reserve stimmte in den Schlachtruf ein und stürmte dem Hauptmann hinterher. Kilian zögerte zunächst, aber sein Pferd folgte seinen Artgenossen im wilden Galopp. Die Flagge, die Kilian trug, flatterte im Wind und er musste sie gut festhalten, damit sie ihm nicht aus der Hand gerissen wurde.

Kilian hatte große Angst, als sich die Reserve in den Kampf einmischte und anfangs sah es so aus, als würde der Angriff der Reserve den Normontischen Vormarsch aufhalten. Doch dann traf die gegnerische Kavallerie die Flanke und es entstand großes Chaos. Sein Pferd ging mit ihm durch und Kilian musste die Flagge fallen lassen, um sich am Pferd festhalten zu können. Ein zwei mal flogen Pfeile oder Bolzen knapp an seinem Gesicht vorbei, so dass er sich instinktiv duckte. Einen Augenblick später durchbohrte eine Lanze sein Pferd von Links mit solcher Wucht, dass die Spitze auf der rechten Brustseite wieder hervortrat. Mit einem schrillen Schrei stürzte das Pferd samt Kilian zu Boden. Der harte Aufprall schlug ihm die Luft aus den Lungen und für einige Augenblicke blieb er benommen liegen. Nachdem er sich wieder aufgerappelt hatte griff er nach dem Heft seines Kurzschwertes und zog es aus der Scheide. Er sah sich um, überall waren Scharmützel ausgebrochen, doch die Normonter waren zahlenmäßig weit überlegen. Hier und dort wandten sich Yddländische Soldaten um und stürzten in wilder Flucht auf den Wald zu, doch sie wurden von den Reitern niedergemacht.

Da entdeckte Kilian seinen Herrn Elias, wie er sich mit dem Schwert um sich schlagend durch die normontischen Reihen kämpfte. Dann wurde er von einem normontischen Ritter im Vorbeireiten zu Boden geschlagen und Kilian wusste, was er zu tun hatte. Er musste seinem Herrn retten, oder an seine Seite sterben. Er eilte auf seinen am Boden liegenden Herren zu, als er sah, wie ein normontischer Axtkämpfer auf Elias zu stürmte. Mit einem verzweifelten Satz, sprang ihm Kilian von der Seite in den Schlag, packte dessen Arme und riss ihn mit sich zu Boden. Kilian war schnell wieder auf den Beinen und hob sein Kurzschwert wieder auf, doch der normontische Soldat war erfahren und gewand und hatte sich auch schnell wieder aufgerappelt. Kilian schluckte, in windes Eile versuchte er sich an die erste und einzige Lektion des Herrn Ottokar zu erinnern, der ihm die ersten Schritte des Kampfes beigebracht hatte. Doch sein Schwert war um einiges kürzer, als das hölzerne Übungsschwert und der Gegner hatte eine Axt. Wie bei den Sieben sollte er eine Axt parieren? Kurz bevor sich der Gegner auf ihn stürzte fiel ihm etwas anderes ein, was Ottokar gesagt hatte. "Irgendwie ist ein Kampf auch ein Tanz." Kilian duckte sich unter dem ersten Schlag des Gegners weg und schlug mit aller Kraft, die er aufbringen konnte auf den Arm ein, der die Axt hielt. Der Arm war mit Kettenzeug gepanzert, aber die Wucht des Schlages reichte aus, um den Unterarm zu brechen. Vor Schmerz schreiend ließ der Soldat seine Axt fallen doch schlug er mit der anderen Hand Kilian mitten ins Gesicht, der daraufhin mehrere Schritte zurück taumelte. Mit einem wilden Gesichtsausdruck stürzte sich der Normonter auf Kilian mit einem Dolch in der Hand, riss ihn zu Boden und landete auf ihm. Kilian bekam gerade noch das Handgelenk des Soldaten zu packen, so dass er den Dolchstoß aufhalten konnte. Doch nun lag der Normonter auf ihm, mit vollem Gewicht und drückte den Dolch weiter und weiter auf Kilians Gesicht zu. Kilian hatte der Kraft und dem Gewicht, mit dem sich der Normonter auf ihn lehnte, wenig entgegen zu setzen. Kilians Entsetzen war ihm im Gesicht anzusehen. Verzweiflung und Panik machten sich breit und er begann zu wimmern und zu zappeln. Der Normonter grinste breit und spitzte dann die Lippen. Schhhh...keine Angst, es ist gleich vorbei, Junge..." Mit letzter Kraft tastete seine linke Hand in Panik den Boden ab und bekam einen Stein zu packen, den Kilian mit voller Wucht gegen die Schläfe des Soldaten schlug, der zur Seite wegkippte. Der Dolch rutschte ab und schnitt Kilian durch das Gesicht. Doch Kilian spührte den Schmerz nicht mehr, er war voller Panik und Wut zu gleich. Er wälzte sich auf den Normonter und schlug schreiend mit dem Stein wieder und wieder auf seinen Kopf ein, bis dieser mit einem schmatzenden Geräusch nachgab und sich Blut und Hirnmasse über seine Hände ergossen.

Schwer atmend kam er taumelnd auf die Beine. Der Kampf hatte sich etwas verlagert und dort wo er stand, lagen nur Tote und schreiende Verwundete. Vereinzelte herrenlose Pferde stürmten hierhin und dorthin. Kilian eilte zu seinem Herrn, der immernoch auf dem Boden lag. Er hatte die Augen geöffnet, starrte aber mit leerem Blick gen Himmel. Kilian kniete sich neben ihn. "Mein Herr, Elias." sprach er ihn an. Seine Stimme war zugeschnürt vor Angst und Anstrengung. Als sein Herr nicht reagierte, schlug er ihn leicht mit zitternden blutverschmierten Händen auf die Wangen. "Wacht auf, mein Herr...wir müssen hier weg." Elias blinzelte und sein Blick klärte sich etwas, aber er war immernoch stark benommen durch die Wucht des Schlages. Kilian nahm ihm den Helm ab, der an der Stelle, wo ihn der Streitkolben getroffen hatte, stark verbeult war. Sein Herr blutete aus einer Wunde am Kopf. Elias Lippen bewegten sich und Kilian musste sich weit runterbeugen, um ihn zu verstehen. "Rückzug...finde den Hauptmann...wir müssen uns zurückziehen..." Kilian sah sich um, von Hauptmann Moron war keine Spur zu sehen, etwa 200 Schritt entfernt war der Waldrand mit dichtem Dickicht. Kilian stand auf und zog am Arm seines Ritter, um ihn aufzurichten. Elias verzog schmerzerfüllt das Gesicht, der Schmerz brachte ihn etwas mehr zu Besinnung. "Kilian! Du musst sofot Hauptmann Moron suchen, er muss den Rückzug befehlen." Kilian sah seinen Herrn verzweifelt an, Blut rann ihm in die Augen und er musste sich mit der Hand durchs Gesicht wischen, um wieder klar zu sehen. Wieder sah sich Kilian um. Im Nordwesten tobte die Schlacht noch am heftigsten, wobei der kümmerliche Rest des Yddländischen Heeres beinahe völlig aufgerieben war. Auf dem übrigen Schlachtfeld sah er schon normontische Spießer, die verwundeten yddländischen Soldaten den Todesstoß versetzten. Kilian fasste einen Entschluss und sprach seinem Herrn mit fester Stimme an. "Keiner wird zurückgelassen, Herr, das gilt auch für Euch!" Damit legte er sich Elias Arm über die Schultern und hob ihn auf die Beine. Der Ritter stützte sich schwer mit schmerzvollem Stöhnen auf seinen Knappen, der mühevoll stolpernd auf den Waldrand zuging.

Erneut wallte Panik in Kilian auf, er betete inständig zu den Sieben, dass die Normonter sie nicht bemerken würden. Doch dann hörte er galoppierende Hufe von links. Da Elias auf dieser Seite stand konnte er zunächst nichts sehen und sein Herz setzte vor Schreck aus. Doch dann erkannte er ein herrenloses Pferd, das ihm jedoch bekannt vorkam. "Heldenmut!" Kilian legte seinen Herren, ein wenig unsanft, auf den Boden ab und eilte dem Pferd entgegen, um es einzufangen. Das Tier erkannte Kilian offenbar und blieb stehen. Es war bis auf einige leicht blutende Schrammen unverletzt und ließ sich bereitwillig führen. Bei Elias angekommen hob Kilian seinen Herren erneut auf die Füße und überlegte kurz, wie er seinen Herrn samt Kettenhemd auf das Pferd bekommen würde. Doch Heldenmut, treu und Schlachterprobt, kniete sich hin, sodass Kilian seinen Herrn auf dessen Rücken legen konnte. Das Pferd stöhnte, als es sich wieder aufrichtete. Kilian musste Elias festhalten, dass er nicht wieder herunterrutschte, denn er hatte wieder das Bewusstsein verloren. Nun ging es etwas rascher auf den Waldrand zu und weg vom Schlachtfeld. Im Waldstück begegnete er vereinzelten yddländischen Soldaten und auch Hauptmann Moron, der schwer verwundet und seines Pferdes beraubt, den Rückzug durch den Wald koordinierte. Er war sichtlich überrascht Kilian zu sehen und noch überraschter, als er erkannte, wer auf dem Pferd lag. "Kilian, die sieben seien gepriesen!" Rief Hauptmann Moron aus. "Lebt Elias noch?"

Kilian nickte. "Er ist schwer verwundet, aber er hat noch den Rückzug befohlen." Hauptmann Moron lachte bitter. "Zu nichts anderem sind wir in der Lage. Kümmer Dich um Deinen Herrn, versucht ihn nach Korjak zu bringen. Ich sammel das was von unseren Kameraden noch übrig ist und sammel sie beim Wachturm." Damit bellte er Befehle und Kilian schlug den Weg nach Westen ein. Er war müde und erschöpft, doch er musste durchalten.

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Ritter und Knappe wieder vereint.

Als Joachim in der Nacht angekommen war und er sich zum Befehlshaber durchgefragt hatte, hatte ein Mann namens Moron ihm gesagt, dass Elias bereits die ersten Angriffe durchführte.
Wie immer ist keine Zeit ..., dachte er und gönnte seinen Leuten und sich nur so viel Zeit die Pferde zu tränken und selbst einen großen Krug Wasser zu trinken.
Er wollte als bald mit seinen Leuten die Stadt und die Festung umrunden, solange es noch dunkel war - und das würde wahrlich nicht mehr lange so sein.
Auf der anderen Seite erhofft er Wulfgar. Da fiel ihm etwas ein.
"Hauptmann Moron, ist schon ein Bote von Sir Wulfgar hier gewesen oder hat Sir Elias Befehle für Wulfgar hier gelassen?"
Doch der Mann schüttelte nur den Kopf. "Wir haben nur unsere eigenen Befehle."
Er gab Joachim einen kurzen Abriss der Befehle, die der Knappe so gut er konnte verinnerlichte und grüßte diesen dann zum Abschied.

"Männer, wir sind spät dran. Elias führt bereits den Angriff auf die Feste und Wulfgar weiß vermutlich noch nichts näheres über die Belagerungspläne. Ich weiß ihr seid erschöpft und hungrig. Aber wir sind bald zurück bei unserer Truppe und dann habt ihr euch einen ordentlichen Schluck Port verdient."
Erschöpftes Nicken und hier und da eine leise Zustimmung war alles was er bekam.
"Also dann, auf geht`s!"

Um nicht zu nah an die Stadt heran zu kommen führte Joachim die Männer in einem weiten Bogen herum, so dass RiaSions Antlitz bereits den Himmel emporstieg, als sie den Wald auf der anderen Seite erreichten und dort nach Hinweisen auf ihre Leute suchten. Nach einer Weile wurden sie von Spähern entdeckt und zu Wulfgar geführt.
Ohne viel Zeit für Erklärungen oder Begrüßungsfloskeln zu verlieren berichtete Joachim von den Ereignissen auf der anderen Seite der Festung, den Befehlen die Elias gegeben hatte und dem derzeitigen Stand - soweit dieser noch korrekt war.

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