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Laura - 
Das Schutzhaus von Sonnenfels

Letzte Blicke wirft sie zurück, in der Hoffnung, dass ihr niemand gefolgt war. Es war schon schwierig genug gewesen, diesen einen Kanten Brot zu ergattern und Rena wollte nicht wissen, was man mir ihr anstellen würde, wenn man sie zu fassen bekäme. Und das nur wegen eines Stück Gebäcks, was der Bäcker nach eigenen Aussagen ohnehin in die Feuerglut werfen wollte. 

Krampfhaft umfasste sie die wertvolle Beute, während sie sich durch die schmalen Gassen der großen Stadt schlich. Die Zeit war weise gewählt, denn nicht nur, dass der Mond in einer schmalen Sichel und tief am Himmel stand, sondern auch dunkle drohende Gewitterwolken hingen.

Ein Stein brachte Rena ins Stolpern. Reflexartig ruderte sie mit den Armen, merkte jedoch dort, wie das Kanten Brot bedrohlich in der Hand rutschte. Schnell zog sie diese wieder an den Körper und bremste mit ihrer Schulter den nur allzu schmerzhaften Fall. Zu klagen oder zu jammern traute sie sich nicht. Den Schrei in ihrem Fall hatte sie nur mit letzter Müh unterdrücken können. Der Schmerz zuckte durch ihren Körper, während ihre rauen Finger über die ebenso raue Kruste des Brotes glitt. Rayith würde es ihr nicht verzeihen, wenn sie auch noch die letzte Beute, die sie hatte ergattern können, verlieren würde. Wie denn auch, wenn sie einfach nichts zu dem ärmlichen Leben der Gruppe beitragen konnte. 

Das schützende Versteck tat sich vor ihr auf. Ein verfallenes Haus. In verwitterten Lettern stand dort „Schutzhaus der königlichen Stadt Sonnenfels“ geschrieben.

Schon lang war es kein Schutzhaus mehr. Kurz nach dem Fall des Reiches und der Übernahme hatte man die Armen und Waisen, eben jene die im Reich als Schutzbedürftig galten, aus dem Haus getrieben. Dies ist schon einige Jahre her gewesen und Rena, die in der heutigen Zeit in diesem Haus Unterschlupf fand, hatte die eigentliche Funktion des Hauses nie erlebt.

Wenn man den Blick durch den Eingangsbereich schweifen ließ, so sah man die hellen Flecke, wo einst das Schwarze Brett hing. Dort konnte man Gesuche aufhängen, oder andere Nachrichten im Haus in Windeseile verbreiten. Man konnte von diesem Fleck aus, nahezu alle Bereiche des einstigen Schutzhauses sehen. Die Schlafsäle, die Essensbereiche und auch die Quartiere jener, die sich um die Schutzbedürftigen gekümmert hatten. Hinterm Schutzhaus hatte es auch einen geschützten Hof gegeben und natürlich eine Werkstatt. Denn auch wenn die Armen und Kleinen hier ein Obdach und eine warme Suppe erhielten, so mussten sie für das bisschen, was sie bekamen arbeiten. 

Von den Möbeln in dem Schutzhaus war jedoch nicht viel übriggeblieben. Vieles war gestohlen, manches jedoch einfach nur sinnlos zerstört worden. Seit Rena mit Rayith und einigen anderen Kindern in diesem Haus wohnte, hatten sie versucht die Holzbestände gleichmäßig in ein Feuer in den Kaminen zu investieren. Meist hatte man sich für das Büro vom Leiter entschieden, dass weiter hinten und eher geschützter lag. Es war zwar keine Kontrolle der königlichen Garde zu erwarten, aber die Kinder wollten nun auch nicht jegliche Möglichkeiten offenlegen.


„Da bist du ja endlich“ schnauzte Rayith sie an. Er war selber Nervös, das sah sie in seinem Gesicht und Rena zuckte zusammen. „Ich habe ein paar Umwege genommen.“ Meinte sie dann schließlich. Sie wollte doch niemanden zu ihnen führen. Schließlich waren sie auch nur eine Bande von Dieben. Zumindest im Namen der königlichen Garde. „Und hast du denn wenigstens etwas dabei?“ fragte er dann und Rena streckte die Arme von ihrem Körper, mit dem sie soeben noch das Brot versteckt hatte. „Ich habe mich nicht getraut, mehr vom Bäcker zu holen.“ Murmelte sie dann. „Na wir werden wohl die Nacht überleben und Teilen.“ Grummelte Rayith. Rena schluss gequält die Augen. „ich werde auf meinen Anteil verzichten.“ Meinte sie dann, auch wenn ihr Magen bei der Aussage ein lautes Knurren von sich gab, vor lauter Protest. 

Sie merkte eine sanfte Berührung auf ihrem Kopf. Rayith streichelte ihr über das Haar und erst als sie die Augen wieder öffnete, hörte sie seine nun wieder weiche Stimme: „Das hast du gut gemacht Rena.“ 

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Timo - 
Der Ehemalige

Die kleine Göre war wohl der Meinung das niemand sie gesehen habe. Tja, weit gefehlt! Walter kannte die Tricks und Schliche. Wie oft hatte er sich früher selbst aus dem "Schutzhaus" geschlichen. Wie lange war das jetzt her? 15 Jahre? Länger? Er mag damals etwa das Alter dieses Mädchens gehabt haben. Damals...als diese machtgierigen Bastarde die Kontrolle über Sommerfeld übernommen haben. Anfangs war alles gar nicht so schlimm gewesen. Das Leben eines Waisen ändert sich nicht wesentlich, egal war die Macht hat. Doch dann...

Bei dem Gedanken daran ballt er die Fäuste in den Taschen seiner abgewetzten Jacke. Mit einem Ruck löst er sich aus dem Schatten in der Nähe des Unterschlupfes, in dem das Mädchen verschwunden war.

Sein Weg führte ihn zurück auf die Hauptstraße. Um diese Zeit war die Stadt ausgestorben. Ein Wache, die ihm entgegenkommt, sieht ihn misstrauisch an. Er beeilt sich weiterzukommen.

Nur gut, das sie die Kleine nicht gekriegt haben. Sie sprangen nicht gerade zart mit Dieben und Bettler um, egal ob Kinder oder nicht.

Doch was ging es ihn eigentlich an? Schließlich hatte er es trotz seiner Herkunft geschafft in den Dienst der Garde zu gelangen. Wenn jemand es wirklich wollte, konnte es jeder zu etwas bringen! Er lacht bitter in sich hinein. "Oder wenn du bereit bist dich selbst zu verraten." Er erschrak vor seiner eigenen Stimme. Der Wind hatte merklich aufgefrischt und er schlug den Kragen seiner Jacke hoch. Das Gewitter würde nicht mehr lange auf sich warten lassen. Er beeilte sich endlich in die Baracke zu kommen , ehe ihn jemand vermissen würde.

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Schlechtes Gewissen?

Walter erwachte nach einer unruhigen Nacht. Bilder, die er längst vergessen glaubte, hatten ihn in seinen Träumen eingeholt. Immer wieder war er aufgewacht und hatte vor sich hingestarrt, während draußen das Gewitter tobte.

Stöhnend wälzte er sich von seinem Lager. Vielleicht würde ja seine morgendliche Routine die schwarzen Gedanken verjagen. Es war noch früh und die Sonne hatte es noch nicht geschafft, die kleinen Gassen Sonnenfelds aus den Schatten zu heben.

Wie war er hierher gekommen? Das "Schutzhaus" wirkt heute Morgen noch verlassener als sonst. Wenn es ein Razzia gegeben hätte, hätte er davon erfahren, dessen war er sich sicher.

Walter blickte sich um, bevor er langsam auf die Tür zuging. Er lauschte, vernahm aber keinen Laut. Zögernd legte er die Hand an die Tür und versuchte sie aufzudrücken. Sie bewegte sich nicht. Er drückte stärker und hörte das Kratzen von Holz auf Holz. Offenbar hatte jemand die Tür verbarrikadiert. Sein Magen krampfte sich zusammen und sein Herz schlug ihm mit einmal bis zum Hals. Als er für einen Moment die Augen schloss, sah er ein kleines Mädchen, das von groben Händen aus dem Haus gezogen wurde. Es wimmerte und bettelte, sie doch gehen zu lassen, doch niemand schien Mitleid zu haben.

Er sah sich ein weiteres Mal um. Doch bisher schenkte ihm niemand Beachtung. Also ging er leise um das Haus und spähte in eines der notdürftig verschlossenen Fenster. Nichts! Ausgestorben!

Er zog sich eine alte Kiste, die ihm stabile genug erschien, sein Gewicht zumindest für einen Moment zu tragen heran und stieg in das Haus. Die alten Dielen knarrten, als er auf dem Boden landete.

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Im Haus

Walter verzog das Gesicht und blieb einen Moment hocken. Wenn noch jemand hier, dann hatte er oder sie ihn auch gehört. Außerdem musste sich seine Augen erst an das Halbdunkel gewöhnen. Mit geschlossen Augen hörte er in das Gebäude hinein. War der ein leises Rascheln? Es könnte auch irgendein ein kleines Tier gewesen sein. Vielleicht eine Ratte oder Katze. Die Katze wäre ihm lieber.

Er atmete tief ein und versuchte möglichst geräuschlos das Haus zu durchsuchen. Der Geruch von kaltem Rauch hing gerade noch wahrnehmbar in der Luft.

Er folgte dem Geruch ein weiteres Zimmer. Die Asche im Kamin gab noch immer etwas Wärme ab. Dennoch hatten die Bewohner des Haus es sehr überstürzt verlassen. Ein paar alte Decken lagen noch in einer Ecke. Er hätte niemals eine warme Decke zurück gelassen, außer...

Er stand da und überlegte, als er ein leises Knacken hörte. Es schien aus dem oberen Teil des Hauses zu kommen. Er kannte das Haus von früher, auch wenn es jetzt noch verwohnter aussah als damals. Er war selbst oft genug dabei gewesen, wenn sie diese kleinen Diebesneste ausgehoben hatten. Dort wo die Stufen auflagen, knarrten sie weniger. Schnell war er hinauf und sah, wie ein Schatten in einem der Zimmer verschwand. Er erster dünner Sonnenstrahl stahl sich ins Innere und feiner Staub tanzt darin. Langsam und vorsichtig, darauf bedacht den kleinen Bewohner nicht noch mehr zu erschrecken, schlich er auf den Durchgang zu, in dem er den Schatten hatte verschwinden sehen. Er ging in die Hocke und lugte vorsichtig hinein.

Auch wenn er niemanden sah, sagte ihm sein Gefühl, das er am richtigen Ort suchte. "He, du da. Ich weiß das du hier drinnen bist." Seine Stimme war gedämpft und ruhig. "Du brauchst keine Angst zu haben. Ich werde dir nichts tun." Seine Augen scannten den Raum. Hatte sich dort etwas bewegt? War da ein ängstliches Schniefen? "Komm raus, ich gehöre nicht zur Garde." Seine innere Stimme schalt ihn einen Lügner. Immer dieser Klugschwätzer... 'Zumindest im Moment nicht' versuchte er sein Gewissen zu beruhigen. Es waren nur Sekunden, möglicherweise ein Minute die verstrichen, doch sie fühlten sich wie ein kleine Ewigkeit an. Wie musste sich sein Gegenüber fühlen?! Gefangen in der dunklen Ecke. Er richtet sich auf und sein Blick fiel auf das Fenster. Ein dumpfes, ungutes Gefühl überkam ihn. "He, hör' mal. Ich werde jetzt langsam zu dem Fenster dort gehen, ok?" Keine Antwort. Er bewegte sich auf das Fenster zu und schlug dabei ein größeren Bogen um die Ecke, in dem er das Kind vermutete. "Ich möchte nur mit dir reden. Vielleicht kann ich dir helfen." Ein Seufzer entrang sich seiner Brust. "Dir steht es aber auch frei zu gehen. Ich werde dich nicht aufhalten. Das ist ein 'Schutzhaus' und daran halte ich mich." Seine Worte wurden dich ein Schulterzucken begleitet. "Aber wie glaubst du dort draußen Mutterseelen allein zurecht zu kommen?" Der Gedanke daran, schnürte ihm die Brust zusammen. "Sie kommen nicht zurück. Das tun sie nie..." presste er leise durch die Zähne und hoffte das es derjenige, der sich dort versteckte, nicht hören würde.

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