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Der Alptraum

Die Luft war erdrückend, kein Atemzug der nicht wie Feuer in den Lungen brannte, wir waren umzingelt von Schatten, die aus einem unheilvollen Nebel aufstiegen und auf uns zukamen, ein stummes Nicken zueinander, als wir die Waffen hoben. In der Entfernung hörten wir Schüsse fallen, das Fluchen von Flux, Genörgel von Drach. Irgendwo schellte die Glocke des Paters, doch hier und jetzt waren wir allein. 

Wir mussten es versuchen – diese Gestalten kamen stetig näher – in ihrer Mitte – vermutlich – ein Mann, er hob die Hände wie ein Puppenspieler und seine Kreaturen schienen verstehend zu nicken. Sie rannten mit einem Mal auf uns zu, unerbittlich schlugen verseuchte Klauen nach uns, gefolgt von zischendem Fauchen, Fratzen die versuchten ihre Zähne zu versenken. Für den ersten Ansturm waren wir sicher gewappnet, doch je länger es dauerte umso mehr verschwamm die Umgebung, umso elendiger fühlte sich jede Bewegung an. Die Muskeln waren wie gelähmt und gehorchten nicht mehr, dann – eine der Klauen bohrte sich wie ein warmes Messer durch Butter in seine Rüstung, ich stürmte auf das Wesen zu, versuchte mein Schwert zu heben, doch es war als würde mir die Last der Welt auf den Schultern liegen. Ich wollte nicht innehalten, nicht aufgeben. Weitere Schatten prügelten nun auf ihn und auch mich ein, dann sah ich ihn zusammensacken, ich hatte wohl versagt. Der Moment kurz bevor alles schwarz vor meinen Augen wurde, war es nur noch ein stechender Schmerz der mein Herz zerreißen lies, Wut die in mir kochte und der Wille nicht aufzugeben, ich sah noch wie sie ihn wegtrugen, ein triumphierendes Lachen hallte durch die Luft und mit dem nächsten Atemzug war es totenstill. 

Erst als ich eine mir vertraute Stimme hörte, wagte ich die Augen zu öffnen, blickte dabei in etwas unheimliches, etwas das nicht sein durfte und nicht sein konnte, sein Blick verbittert, seine Iriden felgrün. Vergeblich versuchte ich meine Arme zu bewegen, doch man hatte mich gefesselt an etwas, das mir meine Kraft zu nehmen schien. Als ich den Blick schweifen lies, erkannte ich eine große Runde Halle, am Rand Kerzen im Kreis aufstellt, dunkle pulsierende Linien die sie miteinander verbanden, dazwischen knieten gleichgekleidete Menschen, die alle in einem leisen aber unheimlichen Singsang vertieft waren. 

Björn stand neben mir, fürs erste spürte ich die Erleichterung – doch wurde mir schnell klar, dass es nichts Gutes zu bedeuten hatte. Meine linke Hand schmerzte unnatürlich und ich konnte erkennen das eine der Personen ein Brandeisen über ein Feuer hielt, zu mir sah und dann einfach nur Björn zunickte, er packte mich am Kinn, mit einem sinisterem Grinsen hielt er meinen Kopf fest an den Pfahl gezogen an den ich gefesselt war. Kurz darauf spürte ich den Schmerz erneut durch meinen Körper jagen, mein Blick suchte seinen – nur nicht schreien schoss es mir durch den Kopf – doch seine Augen strahlten nicht mehr, nein – etwas hatte ihn vereinnahmt, verändert. Der Kerl vor mir drückte mir das Eisen auf das Brustbein, ein hämisches Lachen, das man hören konnte. „Keine Sorge – du bist die nächste“ waren seine Worte dabei, ich schüttelte den Kopf, wollte sprechen – doch bewegten sich meine Lippen nicht. Björn stand hinter mir – Gedanken überfluteten mich, als ich erneut versucht zu ihm zu Blicken. Doch er grinste nur noch verbittert. „Bald ist es alles vorbei“ waren die letzten Worte die er sprach zu mir…

Es fühlte sich an wie nur ein kurzer Augenblick, doch als ich zu Sinnen kam war der Raum menschenleer, die Kerzen waren bereits auf kleine Wachspfützen abgebrannt doch noch immer pulsierten diese Linien unheilvoll, mein Kopf fühlte sich an als würde er jeden Moment zerbersten. Man hatte nun zusätzliche Ketten genutzt um mich an diesem Pfahl zu fesseln, bewegungsunfähig schweiften meine Blicke umher, auf der Suche nach der Möglichkeit zu entrinnen. Meine Kehle war trocken, der Durst brannte unvorstellbar, als hätte jemand meine Gedanken lesen können hielt man mir einen Becher an die Lippen „Trink“ kam der Befehl, das Wort wie ein Schlag in die Magengrube, alles in mir krampfte und wehrte sich, doch ich trank. 

„Wie lange…“ wollte ich fragen, als sich ein Finger auf meine Lippen legte. „Mehr als zwei Tage schon“ klang es nun wieder vertraut, ich sah hoch und ihm in die Augen. „Was ist…“ nuschelte ich in den Finger, als er den Kopf schüttelte. „Schweig“ er lächelte nun süffisạnt, trat langsam dabei noch näher an mich heran, mein Blut kochte vor Wut, unbändiger Zorn der in mir aufstieg und mich vergeblich an den Ketten reißen lies. „Warum setzt Du dich zu wehr – hast du deinen heiligen Schwur vergessen – mir zu folgen, mir beizustehen? Die Pflicht vor allem anderen. Du wirst gehorsam zeigen und dem Meister mit mir gemeinsam dienen. Vereint wie es vorbestimmt ist“ 

Warum nur fühlten sich diese Worte so gut an und warum klangen sie doch nur so falsch. Ich drehte den Kopf leicht zur Seite, schaute zurück zu ihm, entschlossen wie ich selbst meinte, kamen nur wenige Worte über meine Lippen, doch sie würden meinen Standpunkt klarstellen „Eisern von Innen – Eisern nach Außen“ und spuckte ihm ins Gesicht „Verräter“ fügte ich angewidert hinzu. „Gib mir eine Waffe und wir beenden es gleich hier“ als er mein Kinn packte mit der Kraft eines Bären und mich mit einer merkwürdigen Leichtigkeit an dem Pfahl höher schob, erst da wurde mir gewahr wie sehr man mir mitgespielt hatte als ich auch schon diese dunkle Macht nach mir greifen spürte, sie zog sich von den Beinen höher um mich, drückte mir die Luft zum Atmen ab. Den Schlag von ihm sah ich aus den Augenwinkeln kommen, wollte aus Reflex ausweichen doch traf er mich mit voller Wucht, kämpfend um mein Bewusstsein brüllte ich ihn an, schrie den Schmerz heraus.

Ich spürte eine warme Hand die meinen Arm griff, eine beunruhigte Stimme die leise mit mir sprach. „Nyka … ist alles in Ordnung? Nyka?“ Mein Kopf drehte sich und alles schien verschwommen, weit weg, dann erst merkte ich eine zweite Hand die meinen Kopf versuchte zu bewegen, ihn nach links drehte. Ungeduldig streckte ich selbst meine Finger aus, strich mit ihnen über die Lippen und rang mir ein Lächeln ab. Kalter Schweiß stand auf meiner Stirn, ich fühlte mich wie gerädert und doch sah ich ihn. Etwas das sonst keiner kannte – eine besorgte Miene die mich musterte „Alles in Ordnung“ fragte er erneut wischte mir mit einem Tuch über die Stirn. „Du hast im Schlaf um dich geschlagen und laut gebrüllt. Ein schlechter Traum?“ 

Ein Traum – die Bilder huschten mir durch den Kopf, die Begegnungen des Vorabend, weiter sah ich ihn an „ein Alptraum“ antwortete ich nur und er nickte „was immer es war – es wird nie geschehen“ brummte er, legte den Arm um mich und wir schliefen wieder ein.

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