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Mia - 
Kapitel 1

Der Regen prasselte unaufhörlich vom dunklen Himmel herab und Vanadaes dunkle Locken wirkten wie schwarze, dicke Fäden, die vollgesogen und ohne Form einfach nur herabhingen. Wäre ihre Kleidung trocken gewesen, hätten sie das Hemd innerhalb weniger Minuten von oben durchnässt, so aber triefte sie ohnehin am ganzen Körper und stieß ärgerlich die Luft aus, als sie ihre Position veränderte. Immer wieder rieb ihr Daumen über das Heft des Schwertes, das an ihrer Seite hing und das abgegriffene Leder unter ihrer Fingerkuppe hielt sie gerade noch davon ab, auf irgendetwas einzuprügeln. Nicht, dass sie Gewalt mochte. Sie war manchmal nötig und sie zögerte nicht übermäßig, sie einzusetzen im Dienst, aber im Moment gab es keinen Grund außer ihrer Unzufriedenheit auf die Welt und auf ihre Familie – oder das, was davon noch übrig war. Ihre Stiefel schmatzten unangenehm, als sie zwei Schritte zurück zum Tor trat und die Schultern wieder straffte. Es machte ja doch keinen Sinn, den Kopf einzuziehen. Hier gab es keinen Schutz vor Wind und Wetter und der auffrischende Wind brachte nun auch noch die empfindliche Kälte des schwindenden, aber noch nicht besiegten Winters mit sich. Ihr Atem bildete kleine Wölkchen vor ihrem Mund und sie fror erbärmlich. Sie wünschte sich, diese Schicht würde enden, doch noch war der Nachtwächter erst zum zweiten Mal vorbei gekommen. Noch weitere zwei Runden musste sie aushalten, ehe sie in ihr Bett fallen und dort in das Kissen schreien konnte vor Wut, hierher versetzt worden zu sein, so, wie schon die letzten drei Tage. Das hier war eine ungerechte Strafe und sie hasste jeden Moment davon.

Als Schritte auf dem Kopfsteinpflaster zu hören waren, sah sie auf und wischte sich die Haare aus der Stirn und hinter die Ohren. Die Schrittfolge war nicht eilig, aber schwer. Ein Mann, schlussfolgerte sie. Aber ungleichmäßig. Betrunken oder verletzt, beides war möglich.

Vana griff nach ihrem Schwert, zog es jedoch noch nicht und spähte in die Dunkelheit der Straße hinein, beschattet von den Häuserwänden zu beiden Seiten. Jedermann konnte sich darin verstecken und zu nahe bei ihr auftauchen und sie wollte nicht die nächste Leiche in den Gassen sein und noch dazu die Leiche der einen Soldatin, die ihre Aufgabe nicht erfüllt hatte.

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