previous
Elias - 
Elias' Geheimnis

Nachdem die Überfahrt nach Korjak nicht gerade ruhig verlaufen ist und Elias sich unentwegt Gedanken über den bevorstehenden Krieg machte, kam Elias an Deck, um das Treiben der Mannschaft zu beobachten.

Sofort kam ein Matrose auf ihn zugesteuert und berichtete davon, dass Radulf aus heiterem Himmel umgefallen war. Elias hatte die Entscheidung lange genug aufgeschoben, nun musste er geschwind handeln.

„CAAAAALVIN, komm sofort zu mir in meine Kajüte!“, brüllte Elias und ging schnellen Schrittes unter Deck. Als Calvin vor Elias Platz genommen hatte, musterte Elias Calvin ein paar Wimpernschläge, bis er seinen heiklen Auftrag verteilte: „Calvin, ich habe einen sehr geheimen und gefährlichen Auftrag für dich. Auf dem Turnier von Engonien versuchte NESTARIO OLIBANTIN mich zu vergiften. Dabei verwendete er Radulf als eine Art Marionette. Damit ist Radulf eine Gefahr für mich und den Krieg. Bevor du vorschlägst Ihn einfach einzukerkern, höre mir zu. DU, wirst mit Radulf nach Seehaven zurückkehren. Er soll dort das 7x7 Schenkel weiter aufbauen und sich dann meinem Gut Eschenweiler widmen. Ich verlange von dir, dass du mit ihm gehst und ihn Tag und Nacht beschattest. Ich vermute, dass sich OLIBANTIN irgendwo in Seehaven oder in der Nähe von Eschenweiler versteckt. Versuche sein Versteck ausfindig zu machen und bei Erfolg wendest du dich sofort an Magister Ulfaran, der dann hoffentlich in Eschenweiler weilt oder an die Edel Dame Agnes Marti. Ich werde beide von meinen Absichten in Kenntnis setzen“.

Elias starrte Calvin nun durchdringend an und fügte dann hinzu: „Du darfst keinen etwas über deinen Auftrag sagen. Offiziell bringst du Radulf nach Yddland zurück, da er kriegsuntauglich ist. Ich werde dir weiterhin einen Brief für Dorothin mitgeben, den du in Seehaven einem Boten übergibst, damit der schnellstmöglich Eschenweiler erreicht. Der Krieg ist damit für dich vorbei. Bedank dich dafür bei Radulf und OLIBANTIN. Hast du noch Fragen?“

Calvin antwortete mit leichten Zögern: „Wenn ich schon nicht mit in den Krieg kann, springt für mich wenigstens etwas extra Sold raus, da dieser Auftrag alles andere als, … ähm…, leicht ist!“

Elias wollte ihn sofort anschreien und ins Gesicht schlagen, aber im Grunde hatte er Recht. Gut das Elias 15 Gold von Kilians Vater bekommen hatte, dies war ihm seine Rache wert. So mussten die langfristigen Ziele seine Pferdezucht, die Schmiede und die neue Straße nach Seehaven wieder in der Priorität nach hinten geschoben werden.

Elias wandte sich wieder zu Calvin: „Dein Auftrag ist mir ein Gold wert. Wenn du den Aufenthaltsort von OLIBANTIN findest, bekommst du noch ein Gold extra. Und nun verschwinde. Den Brief erhältst du heute Abend. Pack deine Habseligkeiten und unterrichte Radulf von den neuen Befehlen!“

Elias begab sich dann eilends daran den Brief für Dorothin zu schreiben.

Geehrte Dorothien,

die Turney in Engonien ist vorüber und wir yddländischen Ritter können auf ein erfolgreiches Wettstreiten zurückschauen. Ritter Wulgar hat klar verdient das Turnier zu Fuß gewonnen und Ottokar konnte auf seinem ersten Turnier ordentlich abschneiden. Er wurde auch gleich zum Liebling des Volkes, ich kann stolz sein, wie er sich entwickelt hat.
Leider hat OLIBANTIN versucht mich durch einen Helfer zu vergiften und ich gehe davon aus, dass sich OLIBANTIN noch irgendwo in der Nähe von Eschenweiler versteckt hält. Wenn du diese Zeilen liest, packst du SOFORT die Sachen von dir und Elisa und reise nach Seehaven zum 7x7 Schenkel, gib der Baron Bertha einen Auftrag und reise dann unverzüglich zum Baron von Norderforst und bitte die Dame Agnes Marti um Obdach (ich werde die Dame bitten dich und mein Kind auf zu nehmen).

Du wirst weiterhin folgende Befehle ausgeben:

Marten, mein langjähriger Diener, wird ab sofort Verwalter von Eschenweiler und er soll das ganze Gelände und das Gut nach OLIBANTIN absuchen lassen. Zudem soll er die Ankunft von Magister Ulfaran und seiner Adepta vorbereiten. Der Magister nächtig in meinem Quartier und die Adepta kann dann in deinem Quartier übernachten, da Du schon abgereist sein wirst!

Roland, soll sofort nach Seehaven aufbrechen, dort den Steckbriefe von NESTARIO OLIBANTIN herumzeigen und sich umhören. Dann soll er dort fünf weitere Söldner anheuern, die mit Ihm das Gut Eschenweiler bewachen und die Gegend nach OLIBANTIN absuchen. Da OLIBANTIN ein Magier ist, soll er Armbrustschützen anheuern. Was einen Ritter tötet wird wohl auch einen Schurken wie Ihn erledigen!

Baronin Bertha, wird sich erkundigen wann die Zunft der Baumeister wieder zusammen kommt und wird den Herren Baumeistern eine Botschaft von mir hinterlassen. Dazu wird sich Baronin Bertha, das zugewiesene Silber überall in ihre Kleidungsstücke packen und dann bei dem Zusammentreffen ein Gruß von Elias anh Arden von Eschenweiler ausrichten und sich dabei langsam entkleiden. Das Silber was dabei auf den Boden fällt sie die Gebühr für den Bau des 7x7 Schenkels und der Zulassung von Radulf Steinhauer als Baumeister. Dieses soll Bertha in angemessener Weise herüberbringen.

Geh in den Keller und hole aus meinem Geldversteckt das letzte Silber heraus. Gib das erste Drittel Marten, das Zweite Roland und mit dem Dritten bestichst du die Zunft der Baumeister, indem du es der Hure Bertha gibst.

Passt auf Euch auf.

In Hochachtung
Geschrieben und gesiegelt
Am 11. Blühmoond,17 n.B. in Jedwardenburg

Elias anh Arden von Eschenweiler

Elias las die Zeilen noch einmal durch und übergab alles an Calvin und verabschiedete ihn mit den Worten: „Seid vorsichtig und finde diesen Bastard für mich. Wenn es geht, bleibt irgendwie am Leben. Wenn die Sieben Heiligen Götter uns gewogen sind, werde ich lebend und siegreich zurückkehren. Gehabt dich wohl, Calvin Landshut!“

next
Die Marschbefehle des Marschalls

Jedwardenburg, Hauptfeste, 13. Blühmond 17 n.B.

Erstmals seit Beginn des Krieges wehten unter dem großen Kriegsbanner Yddlands die Wappen Orkensteins, Eschenweilers, Ravensruhs und Rüdens gemeinsam im Wind.

Zum einen ein Symbol der Eintracht und Stärke, zum anderen der Vorbote auf den nahenden Kriegszug. Stille Anspannung breitete sich langsam über dem großen Feldlager aus und letzte Vorbereitungen wurden getroffen. Insbesondere die Schreiber hatten an diesem Tage viel zu tun. Testamente und Briefe an die Angehörigen zuhause wurden dutzendweise in Auftrag gegeben. Die Schmiede schärften die letzten Waffen, die Priester gaben den letzten Segen. Allerorts war deutlich zu spüren: Der Krieg ist nah…

Einige Stunden hatte die Besprechung des Marschalls mit Ser Elias, Ser Wulfgar und Ser Ottokar gedauert. Erstmals konnte Balduin seine Ritterbrüder in die genauen Pläne über den Kriegszug einweihen. Einige gute Ideen und Vorschläge seitens der 3 Kommandanten wurden in den ausgearbeiteten Feldzug integriert, wieder andere schlug Balduin mit knappen Worten nieder. Nur selten hatte man den Ritter von Burgbach-Orkenstein so angespannt gesehen, wie in diesen Stunden.

„Nun gut, meine Brüder, ein jeder weiß nun, was zu tun ist. Ich muss nicht erwähnen, dass wir nicht scheitern dürfen. Offenbaren wir gegenüber Normont auch nur einen Moment der Schwäche, würde uns dies teuer zu stehen kommen. Wir müssen siegreich sein. Für unseren Markgrafen, für Yddland und insbesondere für all jene, für die wir Verantwortung tragen.“

Bei den letzten Worten blickte Balduin, in Erinnerung des Leitspruchs des Ritters von Ravensruh, Ser Ottokar eindringlich an. Dann trat er auf ihn zu und reichte ihm ein letztes Mal die Hand. Als dieser sie ergriff fuhr er fort: „Ottokar, ich weiß ich verlange viel von dir. Aber du warst bereits hinter den feindlichen Linien. Du weißt, wie du dich im Feindesland zu verhalten hast. Die Segler und die Orkensteiner Banner stehen in Rebenbach, dem letzten kleinen Dorf an der Küste nahe des Mährendorfer Waldes bereit. Zeige diesen Soldaten niemals Schwäche und ziehe Kunwulf und Jahn ins Vertrauen. Sie werden dich nicht enttäuschen. Und dann, mein Bruder, finde diesen verfluchten Akrodus vom schnellen Fluss und merze ihn aus. Das ist von höchster Wichtigkeit! Und Ottokar, wehe du kehrst nicht zurück. Dann wird mir die Baronin von Moosgrund mit ihrem Stiefel so dermaßen hart in den Arsch treten, dass ich nur noch zurück nach Orkenstein kriechen kann. Das ist nicht akzeptabel!“

Mit einem Lächeln wandte sich Balduin sodann Ser Elias zu und reichte auch diesem die Hand: „Du weißt was zu tun ist. Schlage hart und unerbittlich zu. Zeig den Normonter Hunden was passiert, wenn sie sich der Bestie in den Weg stellen. Alle Soldaten werden zu dir aufblicken. Und je mehr Entschlossenheit du ausstrahlst, desto mehr Selbstvertrauen werden auch deine Mannen haben.“ Noch einige Augenblicke lies Balduin seine Worte wirken. Und er musste zugeben, dass ihn beim Blick in Elias Augen ein wenig die Furcht packte. Beschlich ihn doch das leise Gefühl, soeben einen tollwütigen Bluthund von der Kette gelassen zu haben.

Sodann wandte er sich Ser Wulfgar zu. Doch anstatt weitere Worte zu verlieren reichte, wie es seit der gemeinsamen Zeit in Orkenstein immer öfter der Fall gewesen ist, ein kurzer Blick zwischen den Rittern um zu wissen, was der andere zu sagen hatte. Dies war Balduin zwar auch ein wenig unheimlich, aber so langsam fing er an zu verstehen, wie es Ser Wulfgar schaffte, einem der störrischsten Orkensteiner Soldaten, namentlich Anshag Holzbrenner, auch ohne lauten Befehl zum Schweigen zu bringen.

Nachdem die Ritter von Rüden und Burgbach-Orkenstein sich ebenfalls die Hände in Freundschaft gereicht hatten, gab es nur noch eines zu sagen.

„ Abmarsch!“ Der erste große Kriegszug hatte begonnen…

how to continue?
Kilian
Beginn des Feldzugs
Ritter Elias und sein Knappe Kilian: Beginn des Feldzugs
Wulfgar
Marsch durch die Ebenen
Ritter Wulgar und sein Knappe Joachim: Marsch durch die Ebenen. Joachim erhält einen Befehl.
Ottokar
Aufbruch ins Flussland
Ritter Ottokar mit Kunwulf: Aufbruch ins Flussland
next
Aufbruch ins Flussland

Das kleine Fischerdorf Rebenbach in der Nähe von Jedwardenburg.

Ottokar steht schweigend am Kai und schaut auf 6 vertäute Jollen. Sie wackeln sachte im Seegang hin und her, obwohl es windstill ist. In Gedanken geht er die Missionsziele und Parameter für sich durch. Er war glücklich über den Umstand, dass er keinen Zeitdruck hatte. Bei Elias und Wulfgar mussten die Missionen miteinander harmonieren - seine war nicht an einen Zeitplan gebunden.
Aber alles andere machte ihm Sorgen und er grübelte bereits eine Weile darüber nach.
Ob er die Erwartungen von Balduin erfüllen konnte? Hatte er den nötigen Mut und die Entschlossenheit die Mission zu einem Erfolg werden zu lassen? Konnte er die Männer motivieren und führen? Wie sah der Rückzugsort dieses Normontischen Anführers aus, auf den er es abgesehen hatte? Und die für ihn wichtigste Frage war, ob er alle Männer heil zu ihren Familien zurück bringen konnte. Musste er nachher bei den großen Göttern um Vergebung bitten?

Sein Blick fiel auf seine fertig gepackten Sachen, die auf einer Tonne an der Reling lagen. Er hatte die Metallteile gegen einen zweckmäßigen Lederpanzer und zeug eingetauscht. Auch seine Männer hatten Anweisung, kein Metall zu tragen. Als er diese Anweisung verkündet hatte, hatten die zugeteilten Orkensteiner erst geglotzt und dann gelacht. Erst später war ihm aufgefallen, wie unsinnig sein Ausspruch gewesen war.

Er drehte sich zum Lager seiner Männer und ließ seine schweren Gedanken vorerst hinter sich. Darüber konnte er bei der Fahrt nachdenken. Dieser Abend war für etwas anderes gedacht und so trat er zu den Männern an ein hell prasselndes Lagerfeuer und stieß Kunwulf an, indem er ihm einen Krug direkt unter die Nase hielt: "Vollmachen, Soldat!" schmetterte er ihn gewohntem Befehlston so laut, dass jeder der Anwesenden seiner Präsenz gewahr wurde. Das Gerede und Gejohle verstummte und wich einer unruhigen Erwartung an der Grenze zur unangenehmen Stille.

Ottokar baute sich auf und erhob seine Stimme:" Ich bin Ottokar von Ravensruh, Ritter zu Yddland. Ab heute für euch und nur für euch Ottokar. Solange wir nicht auf yddländischen Boden weilen, sehe ich über die korrekte Anrede hinweg und ihr könnt und werdet mich duzen.
Die Mission werde ich euch morgen früh beim Appell erklären. Dieser Abend dient dazu, dass ihr mich und ich euch kennen lerne. Wir werden die kommenden Tage gemeinsam durch den Dreck kriechen, werden Blut vergießen und, so die Götter wollen, siegreich heim kehren. Ich will euch kennen, will wissen, wer sich mit mir die Finger schmutzig macht und ich werde eure Namen und Taten nicht vergessen.
Ich möchte jetzt von jedem von euch wissen, wie er heißt, was seine Waffe ist und wie er seine Alte am liebsten flach zu legen gedenkt, wenn er zurück kommt!" Er hielt kurz inne und ließ die Reaktionen der Männer auf sich wirken. Einige hatte er scheinbar mit seiner Ansprache überrascht. Guter Anfang, weiter so.
"Ich bin Ottokar, kämpfe mit meinem Morgenstern und werde meine Geliebte wohl erst noch finden müssen. Bis dahin..." sagte er und wackelte dann eindeutig mit der Hand. Ein paar verhaltene Lacher waren zu hören.
Der erste Soldat wurde von Ottokar mit dem Ellbogen als freiwilliger Anfänger ernannt.
"Ich heiße Seppel und kämpfe mit dem langen Messer. Genau wie mit meiner Frau."
"Man nennt mich Anson und ich hab eine Axt und Schild." brummte ein Mann, so breit wie ein Korjaker Mastbulle. "Wenn ihr, Herr... Eh, Du erlaubst, bleibe ich gleich da. Die Normonter Weiber sind besser als die Orkfotzen. " Ottokar verdrehte die Augen, nickte kurz aber sagte nichts.
"Ich bin der Wassbrach. Und ich habe meine Armbrust bei mir. Und ich kann schießen. Und ich treffe auch...schon mal. Und nen Weib hab ich nich mehr. Und ich such mir dann eins. "
"Mein Name ist Krasten und ich sense. Und wenn ich zurück komme entscheide ich mich für Merle oder Bruni und werde sie dann so richtig...lange...und hart."

Ottokar nahm seinen Humpen, stellte sich vor die vier die gesprochen hatten und hob an:" An meiner Seite und ich an ihrer...Seppel, Anson, Wassbrach und Krasten! Auf die Sieben!" Sodann leerte er den Krug mit den vier Männern zusammen und versuchte bei dem Gebräu, dass er aus dem Tross organisiert hatte, nicht die Miene zu verziehen.

So tat er es mit allen anderen 96 nach, auch wenn ihm das Merken der Namen schließlich immer schwerer fiel. Die Stimmung löst sich gen Abend weiter und er braucht bis tief in die Nacht, bis er mit jedem einen Schluck getrunken hat. Er vergisst für diesen Moment, was vor ihm lag.

Der nächste Morgen beginnt für Ottkar mit einem Brummschädel. Er quält sich aus dem Bett und ruft sich selbst zur Ordnung, mit einem großen Eimer Wasser. Etwas frischer geht er zu Kunwulfs Zelt und rappelt daran, bis er ein Brummen aus dem Innern vernimmt. "Lass alle antreten, Kunwulf - Missionsbesprechung."

Als die Mannschaft vor ihm versammelt steht, stellt er sich auf eines der Frischwasserfässer und erklärt die Missionsziele:
"Herhorchen, Männer. Nachdem wir gestern gesoffen haben, geht es nun an den wichtigen Teil. Wir haben Order von Balduin einen hochrangigen Anführer der Normonter zu töten. Seine Name ist Akrodus und der Kerl lebt am schnellen Fluss hinterm Mährendorfer Gehölz. Er befehligt die Normonter Soldaten, die sich im Gehölz verschanzt haben und es unpassierbar machen. Daher werden wir das Gehölz auf dem Wasser umgehen und mit diesen Jollen den Fluss hinauffahren, soweit es geht. Wenn wir bis dahin das Drecksloch von Akrodus nicht gefunden haben, gehen wir zu Fuß weiter. Unsere Suche endet erst, wenn er tot ist. Akrodus hat niemals jemand zu Gesicht bekommen. Es ist nur sicher, dass er männlich und nicht der jüngste ist. Daher werden wir jedes Dorf und jeden Weiler auf dem Weg umkrempeln. Ich benötige Beweise für Akrodus Tod. Daher werden wir die Dörfer zwar schleifen, aber nicht niederbrennen. Es bleibt auch keine Zeit für Plündern und Brandschatzen. Wer in einer Hütte Dokumente oder Karten findet, ruft mich, Jahn oder Kunwulf. Ich verbiete Vergehen an Frauen! Zurück auf demselben Weg. Fragen?" - grimmig und entschlossen blickt er in die Runde.
"Herr...eh.. Du isch kotz aufm Boot! " nuschelt einer derjenigen, die mit am finstersten drein blicken.
" Dafür habe ich was" Ottokar greift in eine Kiste und reicht sodann ein Bündel mit grauen, rübenähnlichen Wurzeln herum. "Mit besten Grüßen von Amelie - jeder isst jetzt so eine Gurke! Noch was?" Einen Einwand, dass es gar keine Gurke sei, ringt er mit einem vernichtenden Blick nieder.
"Auf wie viel feindliche Gegenwehr werden wir stoßen" Die Frage kam von Jahn und Ottokar war einmal mehr froh, dass er sich ihn und Kunwulf bereits auf der Turney zur Seite genommen hatte. Jahn hatte mitgedacht und ihm auch den Rat mit den Wurzeln gegeben.
"Ich muss ehrlich sagen, dass wir es nicht wissen. Die Hauptstreitmacht rückt im Süden vor und wenn alles so läuft, wie wir uns das wünschen, werden sie die Aufmerksamkeit auf sich lenken. Aber keiner weiß wie viele Soldaten Akrodus noch am Fluss befehligt."
"Ehh..Keiner von uns kann schiffen..ich mein..Boot fahren!"
Ottokar fühlt sich kurz wie auf dem Turnier, als eine Lanze bei der Tjost an seinem Helm zerschellt war. Er blinzelt einmal, zweimal, ein drittes Mal. "Kacke" denkt er bei sich und lässt lange die Luft aus seinen Lungen entweichen. Hatte Balduin das nicht bedacht, als er die Banner ausgehoben hatte? Wie konnte er auch. In Orkenstein fährt NIEMAND JEMALS Schiff. Verflucht...so eine verdammte... Ottokars Gedanken fangen an zu kreisen und er merkt, wie ihn die Soldaten anstarren. " Ich werde mich gleich darum kümmern" spricht er mit nicht einmal halb der Entschlossenheit wie bisher. "Jahn, Kunwulf zu mir. Der Rest packt und prüft seine Waffen."

Einige Schritt abseits nimmt er die Hände von der gefurchten Stirn. "Wir können doch durch den Wald." merkt Jahn an und Ottokar sieht in seinen Augen wieder diese Gefahrensucht blitzen, die er bereits auf dem Turnier gesehen hatte. "Nein, keine Option. Wir machen was anderes. " Kurz erläutert er den beiden seine Befehle und schickt sie los. Zufrieden ist er mit seinem Plan nicht, aber die Möglichkeiten sind begrenzt. Um sich selbst zu beruhigen, versinkt er in ein kurzes Gebet und geht dann zu den restlichen Soldaten.

next
Ottokars Ansprache. Orkensteiner ahoi!

Nach zwei Stunden kehren Jahn und Kunwulf mit einer kleinen Gruppe Dörfler zurück. Allesamt sind sie wie Fischer gekleidet, zum Teil mit den typischen breitkrempigen Strohhüten, die sowohl Sonne als auch Wasser gut abhalten.
Ottokar eilt der Gruppe entgegen, noch bevor sie zu den Soldaten tritt. Lange redet er auf sie ein, beschwört, fleht, lockt und bittet. Einige wenden sich zum Gehen und bleiben dann doch stehen. Nach noch einmal einer Stunde ruft der junge Ritter Kunwulf zu sich. „Es gibt jetzt die letzte komplette Versammlung bevor wir fahren. Lass alle antreten.“

Nachdem er sich von einigen Soldaten ein kleines Podest hat errichten lassen, tritt er vor die Bootsbesatzungen, die bereits zusammen stehen. Die Stimmung ist nun nicht mehr ausgelassen und das geschäftige Treiben der Vorbereitung weicht einer fiesen Stille. Einige Möwen krächzen dazwischen, aber es kommt Ottokar so vor, als wenn auch die den Schnabel halten würden.
„Im Krieg läuft es nie so, wie man es vorher plant. Den Umstand, dass wir niemanden hier haben, der richtig segeln und diese Kähne auf Kurs halten kann, habe ich gelöst. Diese Männer …“er deutet mit seinem Arm auf die Gruppe an Fischern, die etwas abseits der rauen Seelen der Soldaten stehen und misstrauisch beäugt werden. „…haben sich freiwillig dazu bereit erklärt, uns durch die Untiefen zu lenken und den Fluss hinauf zu fahren. Sie kennen diese Gewässer sehr gut und wissen, wie sich Strömung und Wellen verhalten. KEINER von Euch Soldaten weiß, was diese Männer wissen! KEINER von Euch ist in der Lage, diese Boote zu fahren. Und daher werdet ihr diese Männer mit eurem Leben verteidigen. Ihr werdet Euch mit Genuss in einen Bolzen werfen, solange er die Haut dieser Männer nicht berührt, und ihr werdet auf dem Schiff alles tun, was sie von euch verlangen.“ Aufmunternd nickt er den Fischern zu und schaut dann nochmal grimmig in die große Menge. Lautstark fährt er fort: „Ich habe gehört, dass Balduin einige von euch sehr frisch rekrutiert hat. Und ich weiß, dass einige dieser Einheiten noch keinen Namen und keinen Schlachtruf besitzen. … Jetzt ist die Zeit gekommen, das zu ändern. Jetzt ist die Zeit, dass wir auf das saufen, das Blut vergießen folgen lassen. Jetzt ist die Zeit, den normontischen Hurensöhnen so die Fresse zu polieren, dass sie das Hausschwein für ihre geliebte Frau Mutter halten. JETZT werden wir uns Namen machen. FÜR DIE SIEBEN!“

Aus allen Kehlen erschallt das Konterfei, als Ottokar bereits von seinem Podest springt. „Kunwulf und Jahn ihr habt jeweils das Kommando einer Jolle. Ihr habt jeweils 32 Mann und einen Kapitän. Außerdem sucht ihr Euch noch 3 weitere Kämpfer, die durch ihre Erfahrung und ihre Kenntnisse Loyalität einfordern können. Sie befehligen die anderen drei Schiffe. Wir brechen auf, sobald die Fischer auf den Booten los sagen.“

Zusehends leert sich das Fischerdorf und alle Soldaten verteilen sich auf die 6 Schiffe. Einjedes wird von einem der bärtigen, meist alten Männer gelenkt, die zu gebrechlich für den Kampf aber auf dem Wasser in ihrem Element sind. Sie verständigen sich untereinander per Handzeichen, wohl dem Wind auf See geschuldet, der eine verbale Kommunikation unmöglich machen würde.
Ein Schiff nach dem anderen verlässt die Stege des winzigen Hafens. An einer Kaimauer haben sich einige Dörfler versammelt und verabschieden die Soldaten stumm und mit Winken. Als ein kleines Mädchen den Blumenkranz aus ihrem Haar einem der Schiffe nachwirft, muss sich Ottokar abwenden und räuspern. Die Verantwortung lastet schwer auf seinen Schultern. Einmal mehr.

Der Wind bläst frisch und stetig und ermöglicht ein rasches Vorankommen. Das Ufer ist durchgängig bewaldet und man kann erahnen, wie groß dieses Gehölz sein muss. Nach 4 Stunden dreht der Kapitän von Ottokars Boot hart in den Wind und lässt das Boot auf der Stelle stehen. Die folgenden Schiffe tun es ihm nach. „Wir sinn fast bei der Mündung, Herr Ritter. Aber ‘s gibt da einen aaln Wachtum. Bestimmt besetzt. Und eine Baliste hamm sie obn druff.“ nuschelt der Mann durch seine Zähne.
„So dicht an der Küste möchte ich noch nicht auffallen. Kunwulfs Schiff soll sich so dicht ran pirschen wie es geht, anlanden und dann erfolgt ein Überraschungsangriff. Er soll zusehen, dass niemand entkommt.“

Nachdem der Fischer die Nachricht an den anderen Kapitän übermittelt hat, lässt dieser sein Schiff wieder in den Wind drehen. Es rauscht an den anderen vorbei und Kunwulf winkt noch, als er an Ottokar vorbei segelt. Hoffentlich macht er seine Sache gut. Hoffentlich…hoffentlich…

next
Erste Konfrontation. Der Wachturm am Fluss.

Flussmündung

Es hatte ganz gut angefangen. Ottokar hatte sich seinen und Jahns Rat wohl zu Herzen genommen: Klare Befehle, kein Zögern, schön grob sein, saufen und ab und zu mal Respekt verschaffen. So war der Abend vor dem Ausrücken fast ein voller Erfolg gewesen. Wäre da nicht dieses für die Inselaner typische Grübeln und Denken. Sollen sie doch machen, aber nicht wenn die Soldaten es sehen können. Man man man.

Kunwulf ließ sich den Fahrtwind ins Gesicht blasen. Zum Glück war er schon einige Male auf einem Schiff gefahren und hatte sich somit an das Schaukeln gewöhnt...schrecklich.
Behutsam strich Kunwulf über die mächtige Axt, die neben ihm auf dem Boden stand. Ein weiteres Grinsen überzog sein Gesicht. „Ich bin Kunwulf, das ist meine Schlachtenkrähe und damit zerteil ich alles was mir in den Weg kommt, scheiß auf Geliebte!“ Bei diesen Worten an jenem Abend waren einige Orkensteiner blass geworden und hatten zu tuscheln angefangen. „Weil sie Angst haben“ hatte Kunwulf vermutet und sich innerlich gefreut.

Ein heftiger Ruck riss ihn aus seinen Gedanken. Mit raschem Blick stellte er fest, dass der Kapitän das Steuer rumgerissen hatte und das Boot nun still stand. Dabei fuchtelte der Kapitän wild mit den Händen. „Was bei den Ahnen war das denn du Ausgeburt eines Orks?“. Wild entschlossen stampfte Kunwulf auf den Kapitän zu und riss ihn herum. Dieser versuchte mit einem verzweifelten Blick auf das Vorderboot irgendetwas zu erkennen, doch Kunwulf riss weiter. „Deinetwegen wären wir fast alle ins Wasser gefallen du Ratte.“

„H-h-Herr, ich-ch versuche d-d-doch nur einen B-b-befehl entgegenzunehmen“ antwortet ihm der Kapitän. Die Handzeichen auf dem anderen Boot gingen noch kurz weiter und hörten dann auf.
„Dann erzähl, Bursche, rasch, was fürn Befehl?“
„Ja so genau konnte ich es ja nicht sehen, ihr habt mich ja w-w-weggeschubst.“
„Was konntest du denn verstehen?“
Mit etwas festerer Stimme antwortete der Kapitän.
„...aber ich kann gern nochmal nachfragen.“ „Orkscheiße, nein, ich hab genug gehört“ dröhnte Kunwulfs Stimme.
Endlich gab es was zu tun. Die Tage des Feierns, des im Kerker Verweilens waren nun endgültig vorbei und er hatte einen Befehl von Ottokar bekommen, sogar einen recht anständigen: Kunwulf sollte so schnell es geht einen Wachturm stürmen, keine Überlebenden.

„Dann los du Ratte, wo wir sind ist vorne! Männer, jetzt geht’s ab, jetzt wird Blut fließen, Normonter Blut. Wehe einer stirbt unanständig von euch! Ich verlange: Kein Zögern, kein Zaudern, keine Gnade. Verstanden?“

Ohne auf eine Antwort zu warten stellte er sich an die Rehling, nahm seine Axt in die Hand und winkte Ottokar zu, als sie an seinem Schiff vorbeifuhren.
„Bloß schnell runter von dem Schiff und dann ab durchn Wald, so wie wir es kennen.“

Nachdem er sich bei dem Kapitän über den Wachturm erkundigt hatte, verteilte er die Aufgaben an seine Männer und Frauen. Ein paar wenige sollten das Boot bewachen. Einige Schützen sollten sich verteilen und alles, was nicht zu Yddland gehört und aus dem Turm kommt abknallen, auch wenns nur ne scheiss Taube war. Der Rest sollte mit ihm den Turm stürmen. Aus Baumstämmen wurden schnell behelfsmäßige Rammböcke gebaut, die Männer verteilten sich und dann ging es los. Nach Beschreibung des Kapitäns war es ein ca. 15-20 Schritt hoher steinerner Turm mit einem Aufbau für eine Balliste. Was auch immer eine Balliste sein sollte, Kunwulf hatte nicht nachgefragt.
Je näher er dem Turm kam, desto mehr musste er sich eingestehen, dass sich auch in seinem Magen ein komisches Gefühl breit machte. Das letzte Mal als er mit einer Horde Männer einen Turm angreifen sollte waren nur zwei Mann lebend davongekommen, einer war er gewesen. Mit einem hastigen Blick erkundete er den Standpunkt all „seiner“ Kämpfer. Sie wussten was sie taten, im Wald kannten sie sich aus, doch waren dies zumeist blutige Anfänger, zwar Orkensteiner, aber dennoch blutige Anfänger. „Schwachsinn, einfach als Beispiel voran gehen und sie werden schon folgen“ dachte sich Kunwulf.

Die letzten Schritte waren sie nur noch vorangekrochen, beinah lautlos, der Turm ragte zwischen den Bäumen vor Ihnen auf. Rechts daneben Stallungen, man hörte mindestens zwei Pferde. Mit kurzen Anweisungen schickte Kunwulf zwei Axtkämpfer Richtung der Stallungen.
„Und wenn ich „Vorwärts“ rufe, dann geht’s ab...“endete er seine Ausführungen.
„Dein Vorwärts oder das von Ottokar“, grinste ihn Bert an, ein alter Haudegen mit viel Erfahrung.
„Es gibt nur ein Vorwärts du Idiot“, raunte ihn Kunwulf an und beobachtete weiter die Geschehnisse.

Dann auf einmal unterbrach ein lautes Stöhnen die Stille, gefolgt von einem kurzen Schrei. Kunwulf sah wie die zwei Orkensteiner aus dem Stall kamen und ihm das Zeichen gaben: Erfolg.

Leider hatte dieser Erfolg auch zur Folge, dass nun auch im Turm einiges geschah.

Scheiß drauf: „VORWÄRTS, ANGRIFF“, brüllte Kunwulf, sprang auf und stürmte auf den Turm zu. Er sah wie rechts und links es ihm mehrere Soldaten gleichtaten.

Da kommen viel zu viele bewaffnete Männer aus dem Turm, bei den Ahnen. Zu spät, kein Zögern, kein Zaudern, keine Gnade. Wie oft hatte ihm dieser Leitspruch schon Mut geschenkt und so war es auch diesmal. Zusammen mit Bert stürmte er Seite an Seite auf den Turm zu. Der erste Gegner stellte sich Bert entgegen, doch hatte er gegen den Veteran mit seiner Axt und dem Rundschild keine Chance. Blut spritze und traf Kunwulf im Gesicht. "Für Balduin!!“ Mit diesen Worten schwang er seine Schlachtenkrähe aus vollem Lauf gegen den Schild, der ihm entgegengehalten wurde. Er hörte Holz und Knochen zerbersten, einen verzweifelten Schrei, konzentrierte sich aber nur auf die Eingangstür des Turmes. Wehe die anderen würden ihm den Rücken nicht freihalten...

Ein wüster Kampf entbrannte. Schilde zerbarsten, Arme brachen und Köpfe rollten. Die Normonter versuchten das Tor zu schützen, waren allerdings auf diesen Überraschungsangriff nicht vorbereitet gewesen.

Schnell lag ein halbes Dutzend toter Normonter in ihrem Blut vor dem Turm. Die Orkensteiner versuchten indes sich Zugang zum Turm zu verschaffen. Hier halfen die Rammböcke. Und jedesmal, wenn die Rammböcke zum Anlauf neu ansetzen mussten, stellte sich Kunwulf vor die Tür und drosch mit seiner Axt darauf ein. Ihm lief Blut den Arm herunter, ob es sein eigens war oder das eines anderen, er wusste es nicht. Aber er war sauer, sehr sauer. Seit dem ersten Schlag war in ihm ein Gefühl der endlosen Wut entstanden. So eine scheiß Tür würde ihn nicht aufhalten.
Als die Holztür endlich nachgab brach Sonya, die ganz vorne den Rammbock getragen hatte, gespickt von zwei Pfeilen, zusammen. Kunwulf stürmte herein und wieder war es Bert, der mit ihm voranstürmte. „Hier kann ich nur einmal richtig ausholen“, dachte sich Kunwulf und setze zum Schlag an. Zwei Normonter Soldaten, einer mit Bogen, der andere mit Schwert, behinderten sich gegenseitig und konnten so dem Hieb des Orkensteiners nicht ausweichen. Blut spritze quer durch den Raum. „DAS HIER ÜBERLEBT KEINER VON EUCH NORMONTER SCHWEINESÖHNEN!!“ brüllte er so laut er konnte.

Stockwerk für Stockwerk arbeiteten sich die Yddländer zusammen nach oben. Jeder Raum wurde durchsucht und jeder Normonter wurde entweder im Kampf getötet oder vor dem Turm zusammengetrieben.

„Nur noch die letzte Tür zum Aufbau und bisher zwei Überlebende auf dem Hof“, erstattete Grimbold Bericht.

Als Kunwulf die Tür aufstieß fand er sich ganz oben auf dem Turm wieder. Nur ein einzelner Soldat stand hier, allerdings stand er vor einem Gerät, dass wie eine Armbrust aussah, nur in etwa 100 mal so groß. Ein riesiger Pfeil lag vorne auf einer Holzvorrichtung und die eiserne Spitze zielte genau auf ihn. „Deckung“ schrie Kunwulf und ließ sich fallen. Er hörte nur einen lauten Schlag und wie eine Sehne sich blitzschnell entspannte. Dann sah er diesen Riesenpfeil über sich wegfliegen. Mit gewaltiger Kraft bohrte er sich durch Berts Körper und riss ihn mit sich. Beide, Pfeil und Bert, trafen auf die Außenseite des Turmes und Kunwulf sah, wie gleichermaßen Blut und Stein durch die Gegend flog.
Dann erhob er sich, seine Augen verengten sich zu Schlitzen und er sah nur noch den Soldaten vor sich, der krampfhaft versuchte einen Dolch aus seiner Scheide zu ziehen. Blut tropfte von seinem Helm...

Ein weiterer Schrei zerriss die nun stillgewordene Szenerie. Man hörte mehrere dumpfe Schläge, 5, 10, 20. Dann sah man wie ein Soldat in die Höhe gehoben wurde und vom Turm 20 Schritt in die Tiefe geschmissen wurde. Mit einem ekligen Geräusch landete er auf dem Vorplatz.

Weitere Augenblicke später tauchten mehrere Orkensteiner am Eingang des Turmes auf, von oben bis unten mit Blut besudelt.

„Bericht“, raunzte Kunwulf in die Runde, während er vorneweg aus dem Turm schritt.

Nachdem er alles gehört hatte folgten weitere Befehle:
„Jede brauchbare Waffe wird ausgetauscht oder mitgenommen, Vorräte ebenfalls. Achja, und jedes Blatt wo irgendwelche Zeichen drauf sind oder Karten und son Zeug wird ebenfalls mitgenommen. Und jetzt zeigen wir den Überlebenden unsere Gnade.“

„Gib dem Gefangenen eine Waffe“, rief Kunwulf Fred zu, der ebenfalls in der Runde stand und nun verdutzt dreinschaute. Alle hatten sich versammelt und nur noch ein Normonter Soldat war am Leben.
„Bei 3 wirfst du sie ihm zu, hast du verstanden!“.
Eins...zwei...drei... Ein Langmesser flog durch die Luft und der Normonter Soldat fing sie geschickt auf, ein Anzeichen von Hoffnung in seinem Gesicht. Doch im selben Moment traf ihn eine schwere Axt mitten im Leib und zerteilte ihn fast in zwei Teile. Blut und anderes ergoss sich auf dem Hof.
Kunwulf hatte schon bei zwei angefangen zum Schlag auszuholen und blickte nun auf das klebrige Etwas unter sich. „Das ist unsere Gnade Bastard. Und das war für Bert.“

Er drehte sich um und sah wie ihm einige Recken zunickten, andere sich übergaben.
„Wir werden uns das Blut NICHT abwaschen. Ich will das Ottokar uns genau so sieht. Die blutige dreckige Fratze des Krieges. Vorwärts, unsere Gefallenen nehmen wir mit.“

Die Axt in beiden Händen und das Blut immernoch vom Helmschweif tropfend schritt Kunwulf in Richtung Schiff zurück.

next
Ottokar umstellt ein Dorf

Als das Signal aus der Flussmündung kommt, gibt Ottokar Befehl die Schiffe dorthin zu segeln. Missmutig und voller Sorge blickt er dem Turm entgegen, der immer noch dunkel bemoost und trutzig auf der Landzunge steht. Er sieht Kunwulf am Strand stehen und winkt ihn heran, sobald sein Schiff angelandet war. Während er sich einen kurzen Rapport von dem Soldaten geben lässt, schweift sein Blick über den Kampfort. Erst jetzt fällt ihm auf, dass Teile des Turms herausgebrochen sind und dass es doch heftiger zugegangen sein musste, als er sich das erdacht hatte. Die Orkensteiner Soldaten stehen auf ihre Waffen gestützt im Hintergrund und erwarteten neue Order. Ottokar versucht ihren Blick zu deuten, aber sieht bei vielen eher Trotz als Pein. Ein Jungspund hält sich eben so auf den Beinen. Er hat wohl eine Menge gekotzt vorher. Viele haben leichte Verwundungen abbekommen, aber keiner scheint kampfuntauglich zu sein. ... bis auf die Toten.

"Ziel erfüllt, das ist was hier zählt" beschließt er Kunwulfs Bericht und klopft dem Soldaten auf die Schulter, das Blut und den Rond ignoriert er dabei.
Nach einem sehr raschen Begräbnis der eigenen Gefallen und einem improvisierten Götterdienst von Ottokar, holt sich der junge Ritter die Meinung der Kapitäne ein, ob der Fluss noch weiter befahrbar wäre.
"Es ist keine Zeit zu verlieren. Wir segeln in den Fluss. Ab jetzt gilt Fresse halten und aufmerksam sein. Wir sind im Feindesgebiet. Sobald das erste Schiff ein Gehöft oder eine Trutzburg sieht und es unverkennbar entdeckt wurde, wird ein Sturmangriff ausgeführt. Sind wir noch nicht entdeckt, so gebt Signal an mich. Ich entscheide dann."

Leise gleiten die 6 Schiffe den Fluss hinauf. Er ist hier so breit, dass zwei Schiffe bequem nebeneinander fahren können. Die Strömung plätschert leise an jedem Bug, während die Sonne langsam zwischen den Baumwipfeln versinkt. Ottokars Blick wandert über das Schiff zu seiner Rechten. Die Männer darauf sind gespannt. Jahn steht am Mast und schaut mit verschränkten Armen das andere Ufer an. Er bewegt sich nicht. Ottokar wendet seinen Blick wieder ab und überlässt seinem eigenen Ausguck die Sicherung. Mit einem Kohlestift schreibt er Namen in sein Buch...Bert ... Sonya ... Egbert ... Flynn ... Es waren ein paar wenige, aber Ottokar zwang sich, die Namen auswendig zu lernen. Immer noch ist er aufgebracht, unruhig, er muss sich zwingen, diese Gefühle nicht zu zeigen. Und das macht ihm zu schaffen.
Der Ausguck reißt ihn aus seinem Grübeln. "Wir haben Licht da vorne, Ottokar" zischt er. Ottokar besieht sich die Situation. Es scheint ein einfacher kleiner Weiler zu sein, der einen kleinen Bootsanleger und 5 oder 8 einfach, strohgedeckte Hütten besitzt. Am Steg hängen Netze zum Trocknen und es stehen Reusen herum. Ein wenig Bewegung ist auch zu sehen und am Brunnen steht ein Maibaum.
Rasch erteilt er seinen Befehl an die übrigen Boote und die Schiffe legen einen Zahn zu, als sie von jeweils 8 Leuten zusätzlich mit Rudern voran getrieben werden. Schnelligkeit war nun alles und es dauerte nicht lang, bis Lärm im Dorf laut wurde. Sie waren entdeckt. Ottokars Herzschlag beruhigte sich. Er hatte diese Ruhe direkt vor dem Sturm mittlerweile schon oft genug erlebt und ließ nicht zu, dass er sich in die Hosen schiss.
Als der Bug knirschend auf den Sand stößt, war Ottokar mit gezogener Waffe bereits über die Reling gesprungen und jagt nun mit langen Sätzen auf das Dorf zu. Mit der Ungewissheit, ob die Soldaten hinter ihm sind, packt er das Schwert fester und treibt es einem normontischen Soldaten in vollem Lauf durch dessen Parade in die Schulter. Ohne die Geschwindigkeit zu verringern, dreht er die Klinge aus dem im Fall begriffenen Toten, was ein hässliches, schmatzendes Geräusch verursacht. Begleitet von einem dumpfen Stöhnen holt er zum nächsten Hieb aus.
Der Kampf entbrennt, aber dauert nicht sonderlich lange an, weil es kaum namhafte Gegenwehr gibt. Als sich das Chaos ein wenig lichtet, brüllt der Ritter bereits seine Befehle. "Dorf umstellen, Niemand entkommt, Geiseln beim Brunnen zusammen treiben..." Er schickt drei Soldaten pro Haus los, um nach Indizien zu Akrodus zu suchen, was sich aber als Vergebens entpuppt. Hier scheint er nicht zu herrschen, oder zumindest nicht gewesen zu sein.
Auf dem Dorfplatz liegen 15 normontische Soldaten. Bei den eigenen Mannen gab es nicht mal einen Kratzer, was Ottokar ein siegesgewisses Grinsen auf das Gesicht zaubert. Die restliche Dorfbevölkerung steht in zwei Gruppen um den Brunnen.
"Jahn und Kunwulf - Ihr zwei sorgt mit eurer Besatzung dafür, dass die Gefangenen in ein Haus gesperrt werden. Darin soll sich nichts befinden außer einem Axtblatt. Die Türen und Fenster werden sodann von außen ordentlich vernagelt"
"Jesse - Dein Trupp holt Proviant aus den Häusern für die gesamte Mannschaft. Verteil es auf die Boote. Wir fahren gleich noch weiter." Missmutig zeigt der alte Veteran, dem Ottokar ein Kommando über eines der Boote gegeben hatte, in den Himmel. "Es ist schon finster..." "Danke, das sehe ich. Der Entschluss bleibt. Ausführen, Soldat!"

Nicht lange später, steht Ottokar wieder am Mast und versucht in die Finsternis zu starren, auf die das Boot zuhält. Es ist merklich dunkler geworden und die Sicht reicht nur noch wenige Meter. Er kaut auf einem Kanten Brot mit Hartkäse und gibt den Humpen mit verdünnten Wein an den Soldaten neben ihm weiter. Der junge Bengel nimmt ihn mit Dank in seinen Augen von ihm entgegen. Es ist ihm anzusehen, dass er etwas sagen möchte, aber er scheint sich nicht zu trauen und senkt seinen Blick auf den Streitkolben auf seinem Schoß. "Spucks aus Bursche. Was hast Du?" herrscht Ottokar ihn als, ein wenig zu heftig, als er es eigentlich vorhatte. Der Junge zuckt, aber schaut trotzdem ein wenig trotzig zu dem Ritter auf. "hm..inn Orknstain, hammwa es mitn Orkn zu dun. Das ist einfach. Die sin alle blutdurschtig und fiesch. Aber hia sinds Menschen. Ich will kain Menschen erschlagn. Erst rescht keinen, der hübsch is un Titten hat." Er spricht so leise, dass die umstehenden Soldaten ihn kaum hören können. Ottokar schaut verdutzt auf den Knaben, der da vor ihm sitzt, zerzaustes, blondes Haar, ein schäbiger Lederpanzer, der ein wenig zu groß ist und deutlich mehr Kämpfe gesehen hat, als der Junge hat schlagen können. Auf dem Schoß einen Streitkolben, gepflegt und unbenutzt, obwohl auf der Rüstung frische Blutsspuren zu sehen sind. Nie im Leben hätte er damit gerechnet, von einem Orkensteiner Halbstarken auf eine leise, philosophische Diskussion angesetzt zu werden. Um Zeit zu gewinnen, nimmt er dem Jungen den Becher wieder aus der Hand und trinkt. "Juhnhelm, richtig?" Der Junge nickt. "Schau mal. Im Krieg geht es eigentlich nicht um ... " Ottokar heftet den Blick kurz in die Dunkelheit. Eigentlich weiß er nichtmal, was er dem Jungen sagen soll. Er ringt kurz mit sich und besinnt sich dann doch anders. "Juhnhelm, wir reden später. Jetzt gilt es aufmerksam zu sein." spricht er und lässt den Burschen sitzen. Er stellt sich neben Jamson an den Bug und schweigt, während die Boote stromaufwärts fahren.

Zwei Tage später stehen mehr Namen in Ottokars Buch. Esther ... Wansel ... Unfried ... Bertan ... Ohnke ... Lilli ... scheiße, es waren deutlich zu viele. Der letzte Einfall auf eine Siedlung am Wasser war deutlich anders verlaufen. Sie war befestigt und stärker bewacht. Zudem schienen sie Späher am Fluss gehabt zu haben, denn die Normonter begrüßten sie mit einem Pfeilhagel, obwohl es sehr früher Morgen gewesen war. Ottokar hatte damit gerechnet, dass alles noch schläft. Aber so einfach wurde es wohl nicht. Er ging die Namen weiter durch ... Ransel ... Piet ... Juhnhelm. Er kämpfte seine Selbstvorwürfe nieder, dass er kein Wort mehr mit den Jungen gewechselt hatte. Es hatte sich nicht ergeben. Das sagte er sich zumindest. Eigentlich hätte er sich die Zeit am Vorabend nehmen können, aber nun war es müßig. Er musste damit leben. Aber er versprach sich selber, dass er in Zukunft auch in Betracht zog, dass jede Unterhaltung die letzte sein konnte.
Nach dem Überfall war die Stimmung weiter gesunken. Nicht nur, dass sie einige gute Männer verloren hatten, auch die Taktik war nicht die Beste gewesen und es stellt sich kein Erfolg ein. Noch immer keinerlei Spur von diesem Akrodus. Ottokar spürte, wie sich die Stimmung spannte. Einstweilen wird getuschelt, wenn er im Lager vorbei geht und die anerkennenden Blicke hatten völlig aufgehört. Es musste sich bald etwas ändern, sonst stände er allein da oder schlimmeres.

Gegen Mittag des Tages mussten sie die Boote hinter sich lassen, da der Fluss an einer Fuhrt zu flach wurde. Die Boote zogen sie an Land und tarnten sie so gut es ging. Der Ritter ließ eine kleine Wache von 5 Mann zurück. Ab da ging es zu Fuß weiter und Ottokar wählte das Ostufer. Er hatte rein nach dem Bauch entschieden und flehte nun zu den Göttern, dass er richtig lag. Und er sollte Glück haben. Auf einer kleinen Anhöhe, gerade hoch genug um über den Fluss schauen zu können, ragte eine kleine Trutzfeste empor. Sie war aus verstärkten Hölzern errichtet und nach allen Seiten gut gesichert. Ein kleiner Aussichtsturm schien besetzt und Fahnen flatterten im Wind. Sie waren unverkennbar normontisch.
"Drei Später umrunden diesen Hügel. Ich möchte wissen, was ihr entdecken könnt. 3 Wachen in die Richtung aus der wir kamen. Schlagt Euch ins Unterholz. Ich möchte nicht von hinten angegriffen werden. Der Rest bereitet ein Lager abseits der Straße" Zum Glück hatte sich die Laune der Soldaten nicht so weit ins Negative verkehrt und die Befehle werden prompt ausgeführt.

Einige Stunden später, hörte sich Ottokar den Bericht der Späher genau an. Mitsamt der restlichen Anführer sitzt er um eine im Sand nachgebildete Festung herum, die er aus den Erfahrungen der Späher ergänzt. "Wir werden die Taktik Hornissenschwarm umsetzen. Hier, hier und hier werden drei gleich große Truppen warten. Hier drüben, an der Scheune möchte ich Soutzen und seinen Bruder haben. Weiterhin ...." Der Ritter erklärt seine Taktik den Soldatenanführern, die zuerst nicht sonderlich begeistert drein schauen. Je mehr er erklärt, desto mehr anerkennende Blicke bekommt er jedoch. Die Veteranen unter ihnen erkennen langsam, dass es so klappen kann. "Morgen, wenn der Grünfink singt, schlagen wir zu." mit diesen Worten entlässt er die Anführer, die sich ihren Trupps zuwenden und die Befehle weiter tragen. Einmal mehr ist Ottokar mit seiner Entscheidung allein und er kämpft die Unsicherheit gezielt nieder. Sein Plan war gut durchdacht. Er würde schon klappen. Er musste einfach klappen.

next
Am Fluss: Kurz vor dem Ziel

Feste am Fluss

Akrodus vom großen Fluss rotzte den verbliebenen Kautabak in den Wind. Seitdem er vergangenen Tages von seiner Inspektion der Verteidigungsstellungen in den Wäldern zurückgekehrt war, war er unruhig. Irgendwas lag in der Luft. Er hatte ein Gespür dafür. Aber noch konnte er nicht ausmachen, was es sein könnte.
Im sich langsam auflösenden Frühnebel begutachtete er den Wehrturm mit der Wachmannschaft darauf. Er hatte sie extra verstärken lassen, weil der Turm in solch einem gammeligen Zustand war. Das Wetter hier machte dem Holz zu schaffen und so wurde es schneller morsch als sonst wo. Drecksbezirk. Er hatte das nicht verdient, hierhin abgeschoben worden zu sein. Und das alles wegen dem Oberwebel… Blöde Geschichte.
Um sich von diesen misslichen Dingen abzulenken, stellte er sich vor, wie er gleich die Torfstecherstochter im Dorf wach vögeln würde. Er lag gerne bei Melissa, sie war so schön rund um die Hüften und hatte wunderbare Knautschbäckchen. Er mochte das.

Akrodus packte sich eine neue Dosis Kautabak hinter die gelblichen Zähne. Der gedrungene Mann ruckte an seiner Kettenrüstung und rückte das Schwert zurecht, als einer seiner Wachleute auf ihn zugelaufen kam. „Herr, im Dorf hat sich eine Menge versammelt. Keine Ahnung was das ist. Meuterei oder so. Kommt rasch.“
Noch während er seine Schritte beschleunigte, um dem Wachmann zu folgen, kam ihm eine andere Wache entgegen. „Herr auf ein Wort!“ „Erklärs mir im Gehen.“ raunte der Anführer den Soldaten an.
„Herr, die Patrouille mit Egbert, Sanders und Kaara ist immer noch nicht zurück.“
„Drauf geschissen, die drei sind so dumm, die versuchen ihrem Schatten auszuweichen. Nimm Dir … Moment, sagtest Du Kaara oder Keira?“
„Eh.. die Blonde, Herr.“
Also Keira. Bei ihr verhielt es sich anders. Sie war, im Gegensatz zu Kaara, tüchtig und eine ordentliche Soldatin. Auf sie war Verlass und jetzt erinnerte er sich daran, dass er sie extra mit Egbert und Sanders zusammen gesteckt hatte. Vielleicht wirkte ihr Tatendrang und Gehorsam auf die zwei ab. Akrodus ungutes Gefühl verstärkte sich. Es gab nur wenig Möglichkeiten, warum die Patrouille nicht zurückgekehrt sein konnte. Im Geiste spielte er alle durch und blieb auf der Stelle stehen. Noch ehe er aus dem Osttor Richtung Dorf marschiert war.
„Wir werden angegriffen! Du! Ab zur Kriegsglocke, schlag Alarm! Du! Lauf zu meinem Quartier, ich benötige meinen Helm und Panzerhandschuhe!“ Die beiden Soldaten guckten arg verblüfft. „Hört ihr schlecht, Befehle werden nicht weggestarrt. MARSCH! – Hey, Torwache! Macht die Schotten dicht. Verteidigungsfall.“

Als die Glocke läutete, kam Bewegung ins Lager und überall sprangen Soldaten aus ihren Zelten. In aller Eile wurde sich angezogen, gerüstet und gewappnet. Während sich Akrodus seinen Helm fest zurrte, schrie er bereits Formationsbefehle. Wer auch immer ihn hier angriff, sollte einen verlustreichen Kampf bekommen.
Die Zelte im Innenhof ließ er hastig abreißen. Die waren nur im Weg. Auf der Empore des Haupthauses ließ er Schützen Stellung beziehen. Dort hatte man einen guten Überblick auf den Platz und da es keinen Wehrgang sondern nur docke, eicherne Bohlen gab, musste das reichen.
Vom Osttor kam Kunde, dass sich die Gruppe Richtung Tor bewegte. Akrodus verstärkte die Mannschaft dort, ohne jedoch alle vom Haupttor abzuziehen. Sein Blick wanderte zum Wachturm, auf dem Niemand mehr zu sehen war. Mist! Auf einem Auge blind zu sein, mochte er gar nicht, auch wenn es kritisch war. „Ihr drei dort, rauf auf den Turm und mir Bericht erstatten, was ihr seht!“
Er half kurz einem Soldaten mit dem Brustpanzer und als er sich umdrehte sah er eben noch, wie der erste Soldat von der Plattform direkt wieder runter geschossen wurde, einen Armbrustbolzen zwischen den Augen. Der zweite Soldat auf der Leiter zögerte. „ Nun rauf da, Soldat. So eine Armbrust braucht sehr lange zum Nachladen!“
Auch der zweite wurde in die Schulter angeschossen und sackte vor Schmerzen auf der Plattform zusammen. Der Wachturm war für Akrodus verloren, aber immerhin wusste er nun, dass zwei Schützen auf der anderen Seite lauerten. Kaufen konnte er sich dafür gerade gar nichts.
Er ging zwischen seinen Soldaten her und verteilte letzte eindringliche Worte und machte Mut, während das Bollern vom Osttor und Haupttor immer lauter und eindringlicher wurde. Jeden Moment würde eines der beiden bersten. Mit lautem Knarzen war es dasjenige nach Osten, welches splitternd in seine Einzelteile zerrissen wurde. Angreifer in grün schwarz strömten auf den Innenhof. Konnten das wirklich Yddländer sein? So weit im Innland, hinter dem Gehölz. Warum war das nicht aufgefallen? Dafür würden Kopfe rollen.
„Rahmknecht! Mit Deinen Leuten das Osttor verstärken!“
Es waren gar nicht so viele Kämpfer, die einfielen. Ihr wilder Lauf wurde rasch durch seinen Schildwall aufgefangen und zum Erliegen gebracht. Das war geradezu lächerlich, was da durch sein Tor marschierte und Akrodus wollte gerade siegessicher lächeln, als ein Bolzen einen seiner Männer im Schildwall in den Rücken traf und zu Boden gehen ließ. Hektisch schaute er zum Wachturm, auf dem plötzlich auch drei Männer in schwarz grün standen. Da barst das Haupttor und unter lautem Gebrüll stieß der weitaus größere Teil der gegnerischen Streitmacht mit solch einer Wucht in den Innenhof vor, dass die erste Schildreihe direkt überrannt wurde. Es brach ein wildes Gemetzel aus. Akrodus war schlachtenerfahren genug um die Ruhe und Übersicht zu behalten und er suchte nach einem Anführer. Er machte einen Hühnen mit einer großen Axt aus und setzte umgehend drei Schützen auf ihn an. Dann zog er seine Klinge und ließ einen gegnerischen Hieb elegant abgleiten um nach einer Finte dem Opponenten das Schwert in den Rachen zu bohren. Das spritzende Blut erreichte ihn schon nicht mehr. Er schwang das Schwert bereits gegen einen neuen Gegner.

Einige elende, lange Minuten, schien der Kampf ausgeglichen und keine Seite gewann die Überhand. Akrodus kämpfte verbissen und erkannte plötzlich einen Gegner, der genau wie er, immer wieder Kontrollblicke warf, Kämpfer neu ausrichtete und präzise Schwertstreiche führte. Das musste der andere Anführer sein. Er wandte seine Schwertklinge gegen den Mann. „Du, Ritter! Komm zu mir dann … „ der Rest seines Satzes ging in Gurgeln unter. Ein Messerheft ragte ihm aus der kleinen ungeschützten Stelle zwischen Halsberge und Helm und Akrodus sah nur noch einmal kurz Melissas Titten, bevor er von irgendwas zu Boden gefegt wurde. Dann sah er noch Stiefel und Matsch und dann sah er gar nichts mehr.

„Bestandsaufnahme, Kunwulf.“ Ottokar wischte sich mit dem Handrücken Blut von der Wange, wo ihm ein Bolzen beinahe die Lichter ausgeblasen hatte. Seine Rechte drückte er gegen die Rippen, wo ihn ein Hammer empfindlich getroffen hatte.
Kunwulf und Jahn standen bei ihm und sahen ähnlich beschissen aus. Aber sie lebten und das war was zählte.
„Wir haben noch 48 Soldaten kampfbereit. 13 sind verwundet, aber am Leben. Der Rest ist dahin.“
Ottokar war bewusst, dass es hart werden würde und die Zahlen schmerzten ihn, trotz des Sieges. Jahn hatte einen Befehlsstand und einen ziemlich großen Schnappskeller gefunden. Beides war in dieser Situation von entscheidenden, strategischen Interesse. Während der Schnapps in Bechern bei den Soldaten die Runde machte, warf Ottokar einen Blick auf die Pergamente. Karten, Reiserouten, Bestandslisten und niedergeschriebene Befehle. Genau die Ausbeute, auf die der Ritter gehofft hatte. Unsicher war nur, ob Akrodus bei den Toten war.
Keiner seiner Soldaten hatte ihn als Anführer ausgemacht, aber Jahn und Soutzen waren sich sicher, dass sie einen Anführer hatten fallen sehen. Er wollte aber auf Nummer sicher gehen und gab daher Befehl, die Leichen zu durchsuchen. Er bekam allerlei Tand und nutzloses Zeug aber ein Liebesbrief wurde gefunden.
„Ich will diese Melissa befragen. Führ sie her, ebenso wie ihre Eltern.“
Das Verhör verlief einigermaßen problemlos. Unter Tränen gestand Melissa alles. Ottokar war erstaunt, dass Akrodus wohl ein herausragender Liebhaber und fürsorglicher Mann gewesen war, und ihn rührte das Schicksal der Torfstechertochter sogar. Aber er konnte nichts tun und entließ die drei nach einer Weile. Immerhin hatte er nun seinen Beweis, dass er den Anführer erwischt hatte. Es auf diese Weise zu erfahren, gehörte wohl einmal mehr zu den schmerzlichen Dingen, die ein Krieg so mit sich brachte.

Nachdem alle seiner Soldaten geborgen und alles Plündergut verstaut war, gab Ottokar Befehl zur Rückreise. Als ein Soldat auf die Plünderung der Stadt hinwies, schlug ihm der Ritter direkt ins Gesicht. Er hatte keine Geduld, sich nun mit den Trieben der Soldaten auseinander zu setzen. Daher macht er die Unterhaltung kurz und bündig.
Dann verteilte er alle Soldaten auf die Schiffe, auch wenn sie so deutlich unterbesetzt waren. Keines sollte dem Feind in die Hände fallen, wenn jetzt doch noch Verstärkung eintreffen sollte.

In sich versunken lehnte er am Mast und schrieb die restlichen Namen in sein Buch. Diese würden nicht vergessen werden, aber nun sollten seine Gedanken beim Erfolg sein. Er hatte das geschafft, was Balduin von ihm verlangt hatte. Er hatte seine Männer einigermaßen unbeschadet hinter die feindlichen Linien geführt und hatte Akrodus getötet. Er konnte zufrieden mit sich sein, doch urplötzlich wurde er unsanft von den Füßen gerissen und taumelte nach vorne. Er rappelte sich auf und schaute sich hektisch nach einem Hinterhalt um, aber es war lediglich das Schiff auf Grund gelaufen.
„Blitz und Donner, Herr, wir haben viel zu wenig Wasser. Es ist weniger geworden.“ sprach sein Kapitän und zerrte kurz vergebens an der Ruderpinne. Auch die anderen Kähne setzten kurz später auf und bewegten sich nicht einen Meter mehr. Der Kapitän widersprach allen Hoffnungen von Ottokar, den Fluss weiter zu fahren. Zwei seiner Späher kehrten zurück und berichteten, dass man einige hundert Meter weiter das Ufer beinahe trockenen Fußes wechseln konnte. Der Ritter schaute grimmig zu Jahn rüber und sah darin genau das Funkeln, welches er erwartet hatte. „Also doch durchs Gehölz. Ich bin nicht begeistert, aber wir haben unserem Marschall Bericht zu erstatten. Außerdem ist hier zu warten eine verflucht schlechte Idee.“ Einer der letzten Soldaten hatte aus dem Haupthaus Botenraben fliegen lassen, kurz bevor sie ihn getötet hatten. Ottokar wollte sich einer anrückenden Verstärkung mit diesem verwundeten Haufen nicht entgegen stellen. Düster blickte er dem Waldrand entgegen, der beinahe verträumt im Sonnenlicht funkelte. Grillen zirpten, Vögel sangen und der Wind bewegte sehr leise die Baumwipfel.

Der Ritter aber wusste, dass darin der Tod wartete.

next
mapcontextcommentchat